Halbgötter in Weiß werden durchleuchtet

Handelskrankenkasse setzt jährlichen „Klinikführer“ für Bremen durch. Von einem transparenten Vergleich der medizinischen Qualität ist der aber noch weit entfernt. Klar jedoch ist schon jetzt: Guter Service muss nicht teurer sein

„Ärzte wissen erschreckend wenig über die Qualität der Krankenhäuser“, stellte hkk-Chef Michael Lempe fest

Kliniken, Stationen und Ärzte in Krankenhäusern haben unterschiedliche Qualität, das liegt auf der Hand. Gleichzeitig gibt es auf die Frage, wie gut ist das eine und wie schlecht das andere Krankenhaus ist, keine Antwort. Obwohl die Frage jeden bewegt, der sich wegen einer schwereren Krankheit in stationäre Behandlung begeben muss. So klingt die Ankündigung, es sollte einen „Klinikführer“ für Bremen geben, gut.

Auf Initiative der Handelskrankenkasse werden da aus drei unterschiedlichen Quellen Informationen zusammen getragen. Seit 2001 gibt es nämlich eine „Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung“ (BQS) für die Krankenhäuser. Deren Daten werden allerdings nur streng vertraulich den jeweiligen Kliniken zur Verfügung gestellt – damit es kein „Ranking“ gibt, wie es offiziell heißt. Das bedeutet: PatientInnen könnten bei einer Veröffentlichung Hinweise auf die Qualität der Kliniken bekommen. Das ist nicht vorgesehen. Dass dieses Prinzip für Bremen aufgebrochen werden konnte, ist also ein großer Ausnahmefall. „Von sich aus geben die Kliniken ihre Qualitätsdaten nicht heraus“, deutet der Chef der HKK, Michael Lempe, das Problem an. Es bedurfte einigen Drucks der Gesundheitssenatorin. Im niedersächsischen Umland hatte die HKK die Zustimmung der Kliniken erreicht – bis dann die niedersächsische Landeskrankenhausgesellschaft „no“ sagte. Bei ihrer Klinik-Wahl interessieren sich Patienten aber nicht für die Landesgrenze. Für die Krankenversicherungen sind die niedersächsischen Kliniken auch aus einem anderen Grund interessant: Dieselbe Behandlung ist dort im Schnitt vier Prozent weniger teuer als im Durchschnitt der bremischen Kliniken. So beschränkt sich der Krankenhausführer im ersten Jahr auf die acht Kliniken innerhalb der Landesgrenzen.

Quelle zwei des Klinikführers: Die HKK hat mit einer umfangreichen Umfrage niedergelassene Ärzte gefragt, welche Klinik sie ihren PatientInnen bei einem bestimmten Krankheitsbild empfehlen. Rund die Hälfte der Einweisungen passiert auf Grundlage des Ärzte-Rates. Aber oft ist die Grundlage dafür eine Bekanntschaft aus Studien-Zeiten oder andere zufällige Informationen – „Ärzte wissen erschreckend wenig über die Qualität der Krankenhäuser“, sagt Lempe.

Dritte Quelle für den Klinikführer: Die HKK hat PatientInnen befragt. Die können in den meisten Fällen nicht die rein medizinische Qualität vergleichen, sondern beurteilen die „soziale“ Qualität des Krankenhauses: Wie gut ist das Essen, wie freundlich die Ansprache, wie gut ist die Information der Patienten, wird man als „Kunde“ ernst genommen, und schließlich: Wie gut ist eine Klinik erreichbar?

Das Ergebnis dieses Projektes „Klinikführer“, das zeigen die ersten Vorabdrucke des Projektpartners Weser-Kurier, geben nicht wirklich eine klaren Hinweis auf die Qualität der Kliniken. Einmal werden nur 15 Prozent der Krankheitsbilder überhaupt von der medizinischen Qualitätssicherung erfasst. Gallenblase, Brustkrebs, Kniegelenk-Prothese zum Beispiel, und sechs andere. Bei den medizinischen Qualitätsdaten – zum Beispiel Zahl der „schwere Dammrisse bei Erstgebärenden“ – liegen die Kliniken alle dicht bei einander im „guten“ Referenzbereich. Und wenn es mal einen zahlenmäßigen Aufreißer gibt, dann ist die betroffene Klinik schnell mit einem Kommentar dabei, hier handele es sich um „Dokumentationsfehler“ und die korrekten Zahlen im folgenden Jahr sähen ganz anders aus.

Für die Krankenkassen wichtig ist die Erkenntnis, dass sich zwischen vergleichsweise „teuren“ Kliniken und preiswerteren arbeitenden Kliniken keine Qualitätsunterschiede feststellen lassen. Auch beim Patientenservice übrigens nicht – das wirtschaftlich erfolgreichste, also für die Kassen preiswerteste Klinikum (Links der Weser) hat die besten PatientInnen-Beurteilungen. kawe