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Archiv-Artikel

Bio-Treibstoff ist kaum umweltverträglich

Damit Energie aus Pflanzen eine sinnvolle Alternative wird, sind Ökostandards notwendig, fordert der BUND

BERLIN taz ■ Nicht immer ist Bio drin, wo Bio draufsteht. „Wenn ich Biotreibstoff tanke, weiß ich nicht, wo der herkommt“, sagt Werner Neumann, Energieexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Möglicherweise verbürgen sich „Umweltzerstörung und Nahrungsmittelknappheit dahinter“. Der Umweltverband kritisierte deshalb gestern den Hype um die Energieerzeugung aus Biomasse. Ihr Potenzial werde über-, die Auswirkung auf die Umwelt unterschätzt. „Auch Bioenergie braucht Ökostandards“, meint Neumann. Der richtige Ort dafür sei das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das die Förderung von nachhaltig erzeugter Energie regelt und nun zur Novellierung ansteht.

Fast zwei Drittel der in Deutschland produzierten erneuerbaren Energie stammt aus Biomasse, die in zwei Formen zur Verfügung steht: als organischer Abfall wie Holz oder Gülle und als schnellwachsende Pflanzen, sogenannte Energiepflanzen. Experten gehen davon aus, dass 15 Prozent des gesamten Energiebedarfs aus Biomasse gedeckt werden könnte.

„Biomasse ist ein wichtiger Pfeiler der Energiewende“, stellt Neumann klar. Aber sie sei „nicht unbegrenzt verfügbar“. Deshalb müsse sie „effizient gewonnen und genutzt werden“. In Biogasanlagen bleibe die Abwärme oft ungenutzt, die bis zu zwei Dritteln der eingesetzten Energie ausmache. Neumann: „Die Förderung für Kraft-Wärme-Kopplung reicht noch nicht aus.“

Am deutlichsten sind die Auswirkungen des Biomasse-Booms allerdings in der Landwirtschaft zu spüren. Statt flächendeckender Ökolandwirtschaft, wie sie die Agrarwende von 2002 anpeilte, gebe es heute einen „Intensivierungsschub mit Monokulturen von Mais und Raps“, sagt BUND-Agrarexperte Hubert Weiger. Das verdrängt nicht nur andere Getreide, Rüben und Kartoffeln, die für die Nahrungsmittelproduktion gebraucht würden. Der Maisanbau verstärkt auch die Bodenerosion und belastet das Grundwasser, mehr Raps bedeutet vor allem mehr Pestizide. „Dass der Raps nicht gegessen wird, ist dabei kein Argument“, sagt Weiger. „Bienen unterscheiden das nicht.“ So würden entweder ganze Bienenvölker vergiftet – oder die Schadstoffe landen über den Honig doch noch beim Menschen.

Ähnlich problematisch findet Weiger, dass längst nicht mehr nur Scheitholz und Pellets zum Heizen verwendet würden. „Immer mehr Menschen stellen sich Öfen ins Wohnzimmer, verbrennen selbst gesammelten Reisig und fühlen sich dabei öko“, erklärt der Experte. Tatsächlich trügen sie dazu bei, dass den Wäldern und Böden wichtige Nährstoffe entzogen würden.

Der BUND fordert, dass die Verwendung von Reststoffen, also Mäh- und Schnittgut aus der Landschaftspflege oder Durchforstungsholz aus der Waldwirtschaft „Priorität gegenüber dem Anbau von Energiepflanzen“ haben müsse. Das EEG könne hier einen Anreiz geben. Zudem müsse der Bonus für nachwachsende Rohstoffe grundsätzlich an Kriterien wie dem Nachweis von ökologischen Ausgleichsflächen und der Beschränkung und der gentechnikfreien Produktion geknüpft werden. BEATE WILLMS