„Wir brauchen die Pflicht zur Mitgliedschaft“

Der DIHK muss die Interessen aller Unternehmer gegeneinander abwägen, sagt ihr Rechtsleiter Jürgen

JÜRGEN MÖLLERING, 60, Leiter des Bereichs Recht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag in Berlin

taz: Herr Möllering, jedes Unternehmen muss Mitglied in einer IHK sein. Warum gibt es diesen Zwang überhaupt?

Jürgen Möllering: Das liegt an den Aufgaben, die den IHKs übertragen sind. Das ist einmal die Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft und zweitens verschiedene Verwaltungsaufgaben, die von den IHKs als Hoheitsträger wahrgenommen werden. Und dazu braucht man die Pflichtmitgliedschaft.

Der DIHK will die Interessen aller deutschen Unternehmen vertreten. Wo treffen sich die Interessen etwa von Windkraftunternehmen und Atomindustrie?

Gemeinsame Interessen zwischen den Windkraftherstellern und der Atomindustrie gibt es durchaus, beispielsweise bei den Steuern oder der Infrastruktur. Wenn es aber speziell um die Subventionierung der Windkraft geht, klaffen die Ansprüche natürlich auseinander. Aber es geht auch gar nicht um die gemeinsamen Interessen. Es geht um das Gesamtinteresse, das ist etwas ganz anderes – nämlich das Ergebnis einer Abwägung und der Versuch des Ausgleichs unterschiedlicher Interessen. Gerade für diesen Zweck, um diese Abwägung vornehmen zu können, gibt es die Pflichtmitgliedschaft. Um nicht letztlich dem Diktat des Finanzstärksten zu unterliegen, wie es bei normalen Verbänden, auf der Basis freiwilliger Mitgliedschaft ist.

Die Branche der erneuerbaren Energien wächst. Warum fördert der DIHK diese Entwicklung nicht?

Wenn Sie mal die Positionen des DIHK gründlich durchlesen, werden sie das durchaus anders finden. Wir unterstützen auch erneuerbare Energien, aber es gibt gibt gerade bei diesem Thema viele Beteiligte. Es geht nicht nur um die Erzeuger von erneuerbaren Energien und die Erzeuger von Atomstrom. Es geht auch um die Abnehmer. Und in Gegenden, wo es besonders viele erneuerbare Energien gibt, sind auch die Stromkosten relativ hoch. Wenn ein bestimmter Bereich subventioniert wird, werden einmal die Wettbewerbsverhältnisse verändert, einer muss es auch immer bezahlen. Und bei uns sind auch Unternehmen Mitglied, die Strom abnehmen und ihn bezahlen müssen. Wir müssen die Interessen aller Unternehmer gegeneinander abwägen.

Manche Leute fordern, dass die Handelskammern sich nicht mehr allgemeinpolitisch äußern dürfen. Was halten Sie davon?

Allgemeinpolitisch äußern wir uns nicht. Sie werden nie finden, dass der DIHK beispielsweise sagt „Diese Regierung ist schlecht, besser wäre eine andere.“ Wir äußern uns ausschließlich zu Wirtschaftsfragen. Und genau das gehört zum Aufgabenbereich der Industrie- und Handelskammer. Das ist auch längst gerichtlich geklärt.

Interview: Nihad El-Kayed