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Archiv-Artikel

Der große Blasse von der CDU

KANDIDATENKÜR Schleswig-Holsteins CDU wählt Christian von Boetticher zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Der amtierende Ministerpräsident Peter Harry Carstensen will aber nicht vorzeitig gehen

„Sie kriegen jemanden, der einen Kopf hat“

CHRISTIAN VON BOETTICHER, CDU

„Sie kriegen jemanden, der einen Kopf hat“, versprach Christian von Boetticher im schleswig-holsteinischen Landtag. Kurz darauf machten die Delegierten der dortigen CDU den 40-Jährigen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im kommenden Jahr. 87 Prozent der insgesamt 240 Anwesenden stimmten für den einzigen Bewerber, der zugleich Landespartei- und Fraktionschef ist.

Wie das Ergebnis war auch der Beifall nach der Wahl des frisch gekürten Kandidaten eher pflichtschuldig als begeistert: Neben dem in seiner Partei durchweg beliebten und volksnahen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen bleibt der groß gewachsene Jurist Christian von Boetticher, der für einen konservativen Kurs steht, blass.

Seine Kandidatenrede im stickigen Saal in Norderstedt streifte viele Themen und vertiefte keines. Bildung werde ein Schwerpunkt sein, verriet von Boetticher, ohne das Schlagwort mit Inhalt zu füllen. Aber wichtig sei auch vieles andere, etwa dieses: „Man muss den Menschen sagen, ihr müsst keine Nudeln aus Thailand kaufen, ihr habt eigentlich alles hier. Das ist ein Ziel, das ich mir persönlich auf die Fahnen schreibe.“ Er werde, wie gesagt, seinen Kopf benutzen.

Den wird von Boetticher bis zur Wahl im Mai 2012 weiter im Landtag einsetzen. Denn Carstensen machte deutlich, dass er im Amt bleiben wolle – ungeachtet aller Spekulationen, dass er vorzeitig seinem „Kronprinzen“ den Platz überlassen wolle. In seiner Rede nannte Carstensen das Sparpaket im Doppelhaushalt, die umstrittenen Gesetze zu Sparkassen und Schulreform sowie die geplante Wende in der Energiepolitik als Erfolge. „Wir steuern Schleswig-Holstein in die richtige Richtung, wir wollen es nicht nur seefest, sondern regattatauglich machen.“

Der Gastredner, Verteidigungsminister Thomas de Maizière, hatte neben Lob für von Boetticher eine Warnung dabei: Schleswig-Holstein hat zurzeit die „höchste Bundeswehrdichte in Deutschland“ und könne sich „nicht beklagen“ – ein Hinweis darauf, dass die Bundeswehrreform Standorte kosten könnte.

Debatten fanden so gut wie nicht statt, weder zum Kandidaten noch zum Energiekonzept. Das setzt auf Abschalten „unsicherer“ Atomkraftwerke, mehr Windräder und Netze sowie Kohlekraft. Die Landes-CDU will das Abgas der Kraftwerke nicht unterirdisch speichern, setzt aber auf die CCR-Technik zur Abspaltung und Verwertung von Kohlendioxid. ESTHER GEISSLINGER