Echter Harzer Käse
Zu den anstehenden Kommunalwahlen stellt die „Mitteldeutsche Zeitung“ ganz unkritisch auch die Kandidaten von Republikanern und NPD vor
VON STEFFEN GRIMBERG
Die Mitteldeutsche Zeitung, für weite Teile im Süden Sachsen-Anhalts regionale Monopolzeitung, ist eigentlich für einen offensiven Umgang mit den Rechtaußen-Parteien bekannt. Nur in ihren Lokalredaktionen im Harz scheint sich das noch nicht herumgesprochen zu haben. Am 22. April werden hier die Kreistage neu gewählt. Dabei treten auch NPD und Republikaner an – von den Lokalseiten der MZ höflich begleitet.
„Heimatliebe und Wirtschaftskraft: Republikaner wollen in den neuen Kreistag“, meldet so der Ascherlebener Lokalteil des Blattes. Hier werden alle Kandidaten vorgestellt, und das liest sich dann so: „Harald Hinze malt ein düsteres Bild für die Region“ – „Das wollen die Republikaner aber nicht zulassen“, wird der Rep-Landeschef zitiert. „In ihrem Wahlprogramm zur Kommunalwahl 2007 setzen die Republikaner auf Schwerpunkte wie ‚Identität durch Heimatverbundenheit‘ “, heißt es weiter, und dann gehe es den Reps noch um „Kampf gegen Bürokratie, Verschwendung von Steuergeldern und Abzockerei der Bürger“ sowie um ein „Programm gegen Links“. Hinterfragt wird nicht, und die Zusatzinformationen zur Partei brauchen die Reps noch weniger zu fürchten: Das Info-Textchen berichtet brav über Gründungsdatum („26. November 1983 in München“), Mitgliederstand (6.000) und Anschrift des Landesverbandes der Partei, Link-Verweis auf rep-aschersleben.de inklusive.
Auch Michael Schäfer, der 2006 als „Amtsleiter für Politik“ im Bundesvorstand der rechtsextremen NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) firmierte, kann sich über die volksaufklärerische Fürsorge der MZ nicht beklagen: Er tritt als NPD-Kandidat für das Amt des Landrats im Harz an, „Liebe auf den zweiten Blick – 24-jähriger Michael Schäfer will sich für Altersgenossen und sozial Schwache engagieren“ titelt die MZ.
Schäfer war nämlich mal kurz in der CDU und will nun „mehr sein als bloßer Beobachter, der in regelmäßigen Abständen an der Wahlurne seine Entscheidung trifft und sich sonst in Passivität übt“. Schäfer trete „im Gespräch wortgewandt auf“, so die MZ, und nutze eben diese Fähigkeit, um bei Demos für die NPD zu werben. Denn „die oft jugendlichen Teilnehmer“ an solchen Demonstrationen sieht Schäfer als Zielgruppe seines politischen Engagements. Er hoffe auf eine NPD-Fraktion im Kreistag Harz, um insbesondere Angebote für Jugendliche zu unterbreiten. Zwar versucht der Autor sich ein wenig von Schäfer zu distanzieren, indem er von „einstudierten Textbausteinen“ schreibt, die der Kandidat absondere. Und süffisant anmerkt, der geschichtsinteressierte Politik-Student lese aktuell „ein Werk von Max Klüver, in dem der einstige Leiter einer Adolf-Hitler-Schule (…) über die Sozialpolitik des Dritten Reiches philosophiert“. Doch sind solche indirekten Fingerzeige ausreichend? Kein Wort findet sich zur erneuten Debatte um ein NPD-Verbot oder zum „Kameraden“ Schäfer, der laut JN-Pressedienst erst im Januar mit „450 nationalen Sozialisten in Magdeburg zum Gedenken an die Opfer des alliierten Bombenangriffs“ marschierte und dabei einer „Zusammenrottung von 50 Rotfaschisten“ ausweichen musste.
„Dem normalen Leser wird das kaum auffallen“, sagt auch Roman Ronneberg vom Verein Miteinander e.V zum MZ-Kreiswahlservice. Eigentlich informiere das Blatt im Hauptteil „konsequent und gut zum Thema Rechtsextremismus“. Die Lokalteile berichteten dagegen derzeit „erschreckend unkritisch“.