Zugriff auf Pass- und Ausweisbilder

Die Polizei kann bald nicht nur Fotos biometrischer Pässe abrufen. Auch über Bilder von Personalausweisen und älteren Reisepässen darf sie verfügen. Datenschützer Schaar bemängelt, dass trotz eines Verbots eine große Passfoto-Datei entsteht

VON CHRISTIAN RATH

Der geplante Online-Zugriff auf die Passbilder der Bürger betrifft nicht nur Inhaber neuer biometrischer Reisepässe. Auch bei vielen älteren Reisepässen sowie bei vielen Personalausweisen liegen die Fotos bereits in digitalisierter Form vor, erklärte gestern das Bundesinnenministerium auf Anfrage der taz. Auch in diesen Fällen kann die Polizei künftig online auf die Passbilder zugreifen, so ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (siehe taz von gestern).

Ein typischer Anwendungsfall der neuen Technik: Ein Auto fährt zu schnell und wird von einer Kamera „geblitzt“. Über das Kfz-Kennzeichen wird der Halter des Fahrzeugs ermittelt. Der sagt, er habe nicht am Steuer gesessen. Nun kann die Bußgeldbehörde direkt auf das Passbild im Passregister zugreifen und dieses mit der Aufnahme der Radarkamera vergleichen. Bisher musste erst ein Antrag an die Passbehörde gestellt werden, die das Bild dann in der Regel per Post oder Telefax übermittelte.

Auch für die Erstellung eines Fahndungsfotos kann die Polizei künftig online auf das Passregister zugreifen. Nützlich ist dies auch, wenn einem Observationsteam gezeigt werden soll, wie die zu überwachende Person eigentlich aussieht.

Nach der geplanten Regelung ist der Online-Zugriff allerdings nur auf Fotos möglich, bei denen der Name des Fotografierten bereits bekannt ist. Es wäre mit dieser Rechtslage nicht möglich, dass die Polizei ein Foto an die 5.300 Passbehörden schickt und fragt: „Wie heißt dieser Mensch?“ Auch kann sie zu diesem Zweck nicht online in den Passregistern recherchieren. Hierzu müsste das Passgesetz erneut geändert werden – was in einigen Jahren, wenn die Software zur Gesichtserkennung leistungsfähiger ist, sicher diskutiert werden wird.

Digitalisierte Passfotos werden bei der Passbehörde aber nicht nur deshalb erstellt, weil sie seit November 2005 im neuen biometrischen Personalausweis gespeichert sind. Vielmehr bietet die Bundesdruckerei schon seit dem Jahr 2000 das digitale Antragsverfahren Digant an, das inzwischen von fast allen Kommunen genutzt wird. Die Fotos für Pässe und Personalausweise werden dabei eingescannt und als Datei an die Bundesdruckerei geschickt. In der Behörde werden sie auch gespeichert, weil die meisten Pass- und Personalausweisregister elektronisch geführt werden. Schätzungen zufolge dürften damit bei einem Großteil der 30 Millionen Reisepässe und 60 Millionen Personalausweise die Fotos bereits digitalisiert verwaltet werden.

Konsequenterweise sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht nur einen Online-Zugriff der Polizei auf die Passregister vor, sondern auch auf die Personalausweisregister, in denen etwa doppelt so viele Personen erfasst sind. Alle Abrufe müssen protokolliert werden, sodass nachvollziehbar ist, welche Behörde sich wann welche Lichtbilder besorgt hat.

Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte im Deutschlandfunk den Gesetzentwurf: „Durch den Online-Zugriff entsteht virtuell eine große Datei der Passbilder, auch wenn sie räumlich auf mehr als 5.000 kommunale Stellen verteilt ist.“ Er erinnerte daran, dass der Bundestag 2001 ausdrücklich im Passgesetz den Passus einfügte: „Eine bundesweite Datei wird nicht eingerichtet.“ Das werde nun faktisch unterlaufen. „Wenn erst mal ein einfacher Online-Zugriff vorhanden ist, wird es auch schnell Forderungen geben, ihn noch weitergehender zur Strafverfolgung zu nutzen.“