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ROLF SCHÄLIKE, GERICHTSREPORTERDer Gefangene

Rolf Schälike

■ 73, war Ingenieur und Atomphysiker und leitet seit 1988 eine Übersetzungs- und Softwarefirma.

Foto: Olaf Ballnus

Das Hamburger Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis ist dem Gerichtsreporter Rolf Schälike vertraut. Weil er eine gerichtsöffentliche Äußerung eines Anwalts verbreitet hatte, die dieser später abstritt, verurteilte ihn das Hanseatische Oberlandesgericht 2005 zu einem Ordnungsgeld von 3.000 Euro – beziehungsweise fünf Tage Gefängnis. Schälike wählte den Freiheitsentzug – aus Protest.

Um „die Zensur durch unsere Pressekammern“ und „die Inhaftierung wegen Äußerungsdelikten auf Antrag von Kriminellen und sonstigen fragwürdigen Gestalten“ anzuprangern, geht er diesen Weg am kommenden Freitag erneut. Er verstehe das Manöver auch als „Aktionskunst“, sagt er. Deshalb zahlt er das Ordnungsgeld von 500 Euro, nicht. Grund ist diesmal ein Bericht über ein Vergleichsverfahren, in das ein dubioser Börsenguru verwickelt war.

Schälike, 1938 geboren und lange als Diplom-Physiker tätig, saß bereits in der DDR wegen der privaten Verbreitung verbotener Bücher zehneinhalb Monate lang in Stasi-Untersuchungshaft. Seit 2005 berichtet er über Presserechtsverfahren, vor allem an den Landgerichten in Hamburg und Berlin. Seine Website heißt www.buskeismus.de, unfreiwilliger Namensgeber ist Andreas Buske, der Vorsitzende der als gnadenlos geltenden Hamburger Pressekammer. Sie ist beliebt bei allen, die Äußerungen verboten sehen möchten. Einigen Anwälten sei die Transparenz, die er herstelle, zuwider, sagt Schälike. Deren rechtliche Attacken haben ihn bisher 145.000 Euro gekostet.

Seinen Haftantritt will er gebührend inszenieren: Am Freitag verhandelt traditionell die Pressekammer Hamburg. Um 12.30 Uhr werde er im Sitzungssaal B 335 seinen Notizblock einpacken und sich vom Landgericht aus auf den kurzen Weg zum Untersuchungsgefängnis machen, sagt Schälike. Am Abend vorher steigt noch eine Party. Mit Sympathisanten feiert er am Donnerstag in der Ottenser Kneipe Roth „die 100. schöne Entscheidung“ in eigener Sache. 2011 sei die juristische Bilanz bisher recht gut, sagt Schälike. 2.000 Euro bekomme er monatlich von gegnerischen Parteien zurückgezahlt. RENÉ MARTENS

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