Fahrräder mit Kofferraum

Lasten auf dem Rad zu transportieren ist an sich ganz einfach. Entweder hat man die Bierkiste hinter sich oder den Kühlschrank vor sich. Die Grundsatzfrage lautet: Soll es ein Anhänger oder gleich ein komplettes Lastenrad sein?

Die Ausrede, zum Einkaufen unbedingt das Auto zu benötigen, sollte seit dem UN-Klimaschutzbericht der Vergangenheit angehören. Tatsächlich hat der Lastenanhänger stetig steigende Verkaufszahlen – aber „immer noch so ein diffuses Arme-Leute-Image“, wie Gaya Schütze, Mitinhaberin des Berliner Fahrradladens Mehringhof berichtet. Kinder im Anhänger zur Kita zu bringen, sei dagegen „ein Zeichen von Sportlichkeit und somit gesellschaftlich anerkannt“.

Dabei geben sich die Hersteller Mühe, das angestaubte Prestige zu ändern. Zum Beispiel die Traditionsfirma Roland mit dem „Carrie“: Das Baukastensystem auf der Basis eines leichten Aluminiumrahmens und einer hölzernen Bodenplatte ist fast endlos aufrüstbar. Die Reling, an der die Bordwände oder die wasserdichte Plane befestigt werden, besteht ebenfalls aus Alu-Rohren. Das Multitalent kann bis zu zwei Meter hoch werden und hat dann ein Volumen von zirka 600 Litern (der Kofferraum eines VW Golf fasst gerade mal 350 Liter). Alles lässt sich mit wenigen Handgriffen auf-, an- oder umbauen. Wird der „Carrie“ als Handwagen statt Anhänger benutzt, kann das Gewicht der Zuladung sogar verdoppelt werden (von 50 auf 100 Kilo). Die Grundausführung wiegt ganze 9 Kilo und kostet 360 Euro.

Anhänger sind gedacht für die eher seltenen Transportfälle des Lebens.

Schnell abgehängt, ist das Rad wieder flott und wendig wie eh und je. Wer hingegen tägliche Transporte zu bewältigen hat, sollte über die Anschaffung eines Lastenrads nachdenken. Diese haben größere und gut zugängliche Ladeflächen und erlauben Zuladungen bis zu 250 Kilo. So kommt selbst der Kühlschrank in Bewegung.

Als gelungenes Beispiel für ein robustes zweirädriges Lastenrad gilt „Long John“. Die fast ebenerdige Ladefläche vor dem Fahrer sorgt durch niedrigen Schwerpunkt für beste Fahrstabilität und lässt sich rückenschonend beladen. Auch aus Dänemark und wohl noch erfolgreicher: die dreirädrigen „Christiana Bikes“. 1984 in Kopenhagens Freistaat entwickelt, sind diese Transporter inzwischen ein weltweiter Exportschlager. Auch hierzulande kämen sie immer besser an, sagt Gaya Schütze, deren Geschäft die Generalvertretung für Deutschland innehat: „2006 haben wir allein in unserem Laden 40 Stück verkauft, zehnmal so viele wie vor fünf Jahren.“

Obwohl echte Lastenesel, sind die Velos, bei denen die Ladefläche vor dem Fahrer auf zwei lenkbaren Rädern platziert ist, überraschend wendig und leichtläufig. Der massive Stahlrahmen und die stabile Holzkiste (kann durch eine leichtere Plastikvariante ersetzt werden) tun der Alltagstauglichkeit ebenfalls keinen Abbruch. Kinder mitzunehmen ist durch den Einbau einer Sitzbank mit Gurten ebenso möglich, wie Behinderte zu chauffieren. Hierbei wird die Kiste durch einen speziellen Aufbau ersetzt, an den der Rollstuhl andockt. Und auch weitere Sondernutzungen sind zu beobachten: Greenpeace und Parteien nutzen das Rad als Infostand, Selbstständige als Imbiss- oder Werkstattwagen. Als klimaneutrales Einkaufsfahrzeug hat sie der Berliner LPG-Biomarkt schon seit Längerem entdeckt. Dort werden drei Christiania Bikes für die Kunden bereitgehalten.FLORIAN HECKHAUSEN