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Archiv-Artikel

Rettungsplan für gläsernen Aal

EU-Minister wollen Ausrottung der Tiere in europäischen Gewässern verhindern

BERLIN taz ■ „Aal darf nicht mehr konsumiert werden – ohne Ausnahme.“ Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat bereits eine Antwort auf die Frage, wie mit der gefährdeten Fischart weiterverfahren werden sollte – die EU-Agrarminister beraten seit gestern darüber in Luxemburg. „Umfassende Schutzmaßnahmen“ sollen diskutiert werden, um das Überleben des Aals zu sichern. Doch von jenen Nationen, die besonders viel Geld mit dem Aalfang machen, wurde im Vorfeld Widerstand erwartet: Frankreich und Spanien.

Denn an den Küsten der beiden Länder kommt der Fisch als junger Glasaal an und ist entsprechend teuer. Bis zu 600 Euro können mit einem Kilogramm jungen Glasaals verdient werden; lediglich zwölf Euro sind es im Vergleich dazu für Aale, die es in die Binnengewässer geschafft haben und zum Gelb- oder Blankaal wurden. Hinter sich hat er eine dreijährige Reise durch den Atlantik, denn das Licht der Welt erblickte er in der Saragossasee vor der Küste Floridas. Der kleine, junge Glasaal, der nicht gezüchtet werden kann, ist beliebt, vor allem in Asien. Etwa die Hälfte der Glasaale, die in Europa ankommen, werden an Aquakulturbetriebe verkauft. Einige gehen nach Holland und Italien, der Großteil wird nach Asien exportiert. Nur etwa 30 Prozent der Glasaale können ihren natürlichen Weg flussaufwärts in europäische Binnengewässer fortsetzen, wo sie – von Ort zu Ort verschieden – zwischen 5 bis 25 Jahren leben. Danach treten sie ihre letzte Reise zurück in die Saragossasee an, wo sie laichen und dann sterben.

Doch die Zahl der Glasaale vor Europa sinkt. Wurden Mitte der 90er noch 900 Tonnen pro Jahr gefischt, waren es 2006 nur noch 100 Tonnen. In Europa könnte der Aal in zwei oder drei Jahren ausgestorben sein, schätzt Meeresbiologin Stefanie Werner von Greenpeace. Die Gründe dafür sind vielfältig: Der Klimawandel wirkt sich negativ auf Strömungsverhältnisse und Oberflächentemperaturen im Atlantik aus. Zudem wurden in den 80er-Jahren aus japanischen Aquakulturen Parasiten eingeschleppt. Und auch die gestiegene Nachfrage nach Glasaalen verhindert die Weiterreise und somit die Reproduktion des Tieres. Wasserkraftwerke zerschreddern viele Aale, die es zurück in den Atlantik schaffen könnten. „Aus unserer Sicht müsste unter anderem der Glasaal-Export nach Asien reguliert und reduziert werden“, sagt Klaus Wysujack, Experte der Bundesforschungsanstalt für Fischerei. Die Glasaalfischerei sollte auf jene Gebiete beschränkt werden, wo es noch genügend Glasaale gebe, etwa an der englischen Küste.

Der Entwurf zur geplanten EU-Aalverordnung sieht daher vor, dass die Mitgliedsländer Aal-Nutzungspläne erstellen. Ziel ist, dass mindestens 40 Prozent der Glasaale wieder zu Blankaalen werden können. Das entspräche wieder dem Zustand vor den 50er-Jahren. Sollten sich die Mitgliedstaaten nicht darauf einigen, wie sie das Blankaal-Ziel erreichen können, drohen ihnen drastische Schritte von Seiten der EU-Kommission. Sie will die Fangquote um die Hälfte senken – was für viele Fischereibetriebe in Deutschland das Aus bedeuten könnte.

Den KonsumentInnen bleibt laut Greenpeace, auf andere Fischsorten auszuweichen: „Es gibt noch immer welche, die guten Gewissens konsumiert werden können“, sagt Stefanie Werner. Als Alternative zum Aal nennt sie Karpfen, Hering, Seelachs und Makrele.

CHRISTINE ZEINER