deutsche regionalzeitungen über die affäre um günther oettingers trauerrede und seine entschuldigung :
Die Lübecker Nachrichten schreiben: Fünf Tage nach seiner tollkühnen Behauptung, der frühere Marinerichter Hans Filbinger sei ein Gegner des NS-Regimes gewesen, hat Günther Oettinger zum ersten Mal etwas Richtiges gesagt. Er hat den hanebüchenen Satz ohne Wenn und Aber zurückgezogen und bedauert. Für Respekt, den ihm nun die CDU-Spitze zumindest offiziell bezeugt, gibt es keinen Anlass. Zu lange hat Oettinger die geklitterte Grabrede für seinen Vorgänger verteidigt. Dass er sich aus Einsicht korrigiert, danach sieht es nicht aus. Vermutlich will er nur Ruhe haben, die ihm völlig entglittene Angelegenheit aus den Schlagzeilen bekommen.
Die Thüringer Allgemeine aus Erfurt merkt an: Die Wogen mögen sich glätten, aber hier spricht keiner, der von seiner groben Verfehlung überzeugt ist. Nicht Entschuldigung kann man das nennen, sondern Schadensbegrenzung. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Das eine wäre die Bereitschaft, einen Fehler auch einzugestehen, das andere ist nur das aus taktischen Gründen gebotene So-tun-als-ob. Der Ministerpräsident gewährte einen tiefen Blick in die Denkweise eines Teils der Union, der, offenbar kaum bemerkt, eine eigene Geschichtsschreibung betreibt. Nach dieser Logik war der einstige NS-Richter ein Gegner des Regimes und irgendwann wird ein Eichmann tatsächlich nur ein Beamter sein.
Die Freie Presse in Chemnitz kommentiert: Aber es ist gut, dass Oettinger und manche seiner zum Kadavergehorsam neigenden Anhänger offenbart haben, wie in ihren Kreisen gedacht wird. Es ist jener braune Geist, der seit mehr als 25 Jahren in dem sogenannten Studienzentrum Weikersheim gepflegt wird. Filbinger hatte diese „Denkfabrik“, wie das Studienzentrum sich selber sieht, nach dem Rücktritt 1979 gegründet und dort regelmäßig um sich versammelt, was es so alles an Rechtsauslegern gibt. Bis hin zum Republikaner-Vorsitzenden Rolf Schlierer und zu Freunden des NPD-Anwalts Horst Mahler. Eine illustre Schar ging und geht dort ein und aus. Und mancher aus der sächsischen CDU dürfte ins Grübeln kommen, wenn er erfährt, welche seiner „Parteifreunde“ auch darunter sind.
Die Wetzlarer Neue Zeitung schreibt: Das Fischen am rechten Rand hat sich für Oettinger nicht ausgezahlt. Im Gegenteil, in seinem Landesverband dürfte er nun geschwächt sein. Der rechte CDU-Flügel, der ihn bereits als „Großen in der Politik“ feierte, wird ihm nicht verzeihen, dass er vor seinen Kritikern eingeknickt ist. Und auf Bundesebene hat Oettinger Kredit verspielt. Zu durchsichtig war sein Kalkül. So jemand eignet sich nicht für höhere Aufgaben.