: Geistiger Fortschritt
Die BRD hat Wirtschaftsweise, Bremen „Sieben Faule“
Lokale Legenden sind durch nichts zu ersetzen, das weiß niemand besser als Bremens Tourismus-Chef Peter Siemering. Jetzt hat er eine Mischung aus Honoratiorenclub und stadtentwicklungspolitischem Think Tank gegründet, der auf den Namen „Die Sieben Faulen“ getauft ist. Schließlich zeugt Friedrichs Wagenfelds Geschichte von den sieben Brüdern, die lieber einen Brunnen bohren als Wasser von der Weser her zu tragen, wie keine andere von der Genialität naheliegender Ideen. Sozusagen vom Fortschritt durch Faulheit. Mögen die Nachbarn noch so sehr den Kopf schütteln.
Davon braucht Bremen deutlich mehr, findet Siemering: „Wir sind auf Mehrwert bringende Ideen aus.“ Angesichts ihres Strukturwandels müsse die Stadt auf geistige Anstrengungen setzen, in diesem Sinn will sein Verein Vorschläge zur Stadtentwicklung sammeln und unterstützen. Zu Bremens „Sieben Faulen“ zählen unter anderem Rolf Specht vom Hotel „Überfluss“ und Unternehmer Klaus Hübotter, der in der Tat immer wieder durch wohlüberlegte und damit kostengünstige Bauprojekte auffällt. Im „Bamberger Haus“, das Hübotter durch ein kluges Nutz- und Umbaukonzept vor dem geplanten Abriss gerettet hat, entsteht mit der „Sieben Faulen“-Lounge das – öffentlich zugängliche – Vereinsheim des Clubs.
Ein genialer Schachzug ist die Wahl von Radio Bremen-Intendant Heinz Gläsgen zum Vorsitzenden. Der ist – ab Sommer – nicht nur der größte Hirsch am Platz, sondern qua Amt nun auch zur Bewahrung des Namens „Faulenquartier“ berufen. Dabei war nicht zuletzt der Umzug des Senders ein Grund, den Namen „Stephaniquartier“ zu promoten. „Wir akzeptieren die neue technische Bezeichnung“, sagt Siemering – und ist gleichzeitig sicher: „Herr Gläsgen wird den Namen Faulenquartier im Briefkopf behalten.“ Was aber adelt den Intendanten zum genial Faulen? „Dass er sich seinen Neubau von der ARD bezahlen lässt“, befindet Siemering.
Nun werden weitere Mitstreiter gesucht. Als genuines Mitglied im Sinne eines ausgeprägten Synergiegespürs empfiehlt sich Joachim Linnemann, Geschäftsführer der Immobilienfirma Justus Grosse. Der ist allerdings schon in der ebenfalls „überparteilichen und unabhängigen“ „Aufbaugemeinschaft Bremen“ organisiert, die kürzlich ihre „Anforderungen an die Bremer Stadtentwicklung“ formulierte. Allerdings könnte seine Initiative moralisch beanstandet werden: Neben der Verlegung der Straßenbahn von der Obern- in die Martinistraße macht sich Linnemann für die komplette Bebauung des Stadtwerder stark. Henning Bleyl