Wirtschaftsförderer in kurzen Hosen

EINTRACHT-AUFSTIEG Braunschweig will vom Imagegewinn durch den Erfolg der Fußballer profitieren und saniert das städtische Stadion. Die Fans beklagen Kommerzialisierung und mangelnde Mitsprache

Bei der Aufstiegsfeier sollen die Fans hinter einen Sicherheitszaun gesperrt werden

Braunschweig bejubelt den Aufstieg der Eintracht in die zweite Fußball-Bundesliga. Mehr als zehntausend Fans werden am Sonntagnachmittag zur großen Aufstiegsfeier auf dem Schlossplatz erwartet. Die 23 Spieler sollen in 23 Autos kommen. Die Moderation übernimmt der jüngst pensionierte Fernseh-Kommentator Rolf Töpperwien.

In den Kneipen rund um das Eintracht-Stadion wird bereits seit Wochen gefeiert. Die Mannschaft hat eine brillante Saison gespielt und schon Mitte April den Aufstieg klargemacht. Beim letzten Saisonspiel am heutigen Samstag gegen den 1. FC Heidenheim sind die 25.540 Plätze im Stadion an der Hamburger Straße längst ausverkauft, natürlich.

„Dieser Erfolg ist einfach nur Wahnsinn“, sagt Trainer Torsten Lieberknecht, der innerhalb von drei Jahren aus einer heftig kriselnden Truppe ein schlagkräftiges Team geformt hat. Unbedingt die Klasse halten, lautet sein neuer Auftrag. Denn in Braunschweig stehen die Zeichen auch über das Spielfeld hinaus auf Umbruch.

Im Herbst beginnt die Sanierung des Eintracht-Stadions mit einer kompletten Überdachung, dem Einbau von VIP-Logen und einer kleinen Kapazitätserhöhung auf 26.596 Plätze. Bei einer Bürgerbefragung im Februar hatten sich 60,3 Prozent für den 14,5 Millionen Euro teuren Umbau ausgesprochen.

Rund 14.000 Besucher kamen in dieser Spielzeit im Schnitt zu den Heimpartien der Eintracht – eine enorme Zahl für einen Drittligisten. Auch für die örtliche High Society sind die Spiele zum Event geworden, auf dem man sich gern sehen lässt.

Die Begeisterung der Braunschweiger für ihren Verein war und ist für Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) das wichtigste Argument, eine so große Summe für den Stadionumbau zu investieren. „Für Braunschweig als Oberzentrum hat ein zeitgemäßes Stadion eine große Bedeutung“, sagt Hoffmann. Die Investition poliert nach Ansicht des Verwaltungschefs auch das Image Braunschweigs bundesweit auf. „Man muss sich nur mal vor Augen führen, dass man überregional immer noch von der Meistermannschaft von 1967 spricht. Das ist etwas, was man mit Geld nicht aufwiegen kann.“

Eine Rolle spielt Geld aber trotzdem. Denn die Eintracht ist nicht nur Imageträger, sondern auch Wirtschaftsfaktor. Die Stadionbesucher sorgten weit über das Eintrittsgeld hinaus für Umsätze in Gastronomie und Einzelhandel, so die Stadt, auch wenn man das nicht genau beziffern könne.

Doch bei vielen Fans mischt sich auch Unmut in den Jubel. Sie fühlen sich als Melkkühe, die ansonsten nicht viel zu sagen haben. Bei der Gestaltung der morgigen Feier seien sie nicht einbezogen worden, kritisieren Fanclubs. Die Anhänger sollen dabei hinter einen großen Sicherheitszaun gesperrt werden. In Internetforen wird die „Kommerzialisierung“ des Festes beklagt, weil die Besucher keine Speisen und Getränke mitbringen dürfen. Das Braunschweiger Stadtmarketing hat die Versorgung an eine Catering-Firma vergeben. Immerhin verspricht Marketing-Manager Marcel Schelesnow „moderate Preise“. REIMAR PAUL