„Die Figur, die uns fehlte“

BERATUNG Ob das Porzellanservice doch nur Plunder ist, begutachten Experten im Focke Museum

■ 56, Kunsthistorikerin und Oberkustodin, leitet seit 1988 die Sammlung für angewandte Kunst im Focke Museum.

taz: Frau Bernsmeier, heute kann man bei Ihnen wieder vermeintliche Schätze prüfen lassen. Meist wertloser Plunder?

Uta Bernsmeier: Grundsätzlich ermitteln wir nicht den Wert der Stücke, sondern geben Hintergrundwissen. Der emotionale Wert ist oft höher als der materielle. Etwas aus dem Familienbesitz, dass zwei Weltkriege überstanden hat, wird selbst zu einem Stück Familiengeschichte.

Verraten Sie keine Tendenz?

Ich gebe den Hinweis, ob es eher für den Trödelmarkt oder ein Auktionshaus interessant ist...

Woher kommen die Sachen?

Manchmal sind es Erbstücke, manchmal Geschenke. Vieles wurde auf Reisen oder auf heimischen Flohmärkten erworben.

Gibt es Überraschungen?

Für manche Besucher ist es erstaunlich, dass eine 100-jährige Keramik aus einer Massenproduktion stammen kann. Auch die industrielle Glasproduktion gab es seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Wissen Sie immer auf Anhieb, was Sie vor sich haben?

In aller Regel erkenne ich den Gegenstand. Vielfach wurden in kleinen Manufakturen keine Marken verwendet. Meist gelingt es mir trotzdem, das Stück zu lokalisieren, zu datieren und auch etwas zur Herstellung und Dekoration zu sagen.

Und ihre ausgefallenste Entdeckung?

Die liegt lange zurück. Es war eine Keramikfigur von Bernhard Hoetger aus dem Zyklus „Licht und Schatten“. Im Museum hatten wir 14 der 15 Majoliken und mir wurde genau die Figur gezeigt, die uns fehlte. Wir konnten sie ankaufen und einen unserer wichtigsten Bestände komplettieren. Interview: JPB

16-19 Uhr, Focke-Museum