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Archiv-Artikel

Der verschwiegene Herr U.

BND Der Leiter der Geheimdienst-Filiale Bad Aibling bestreitet „massenhafte“ Kommunikationsüberwachung – Zahlen liefert er aber nicht

„Von Massenerfassung kann man hier nicht sprechen“, sagt der BND-Beamte R. U.

AUS BERLIN ASTRID GEISLER

Der schmale, kleine Mann im grauen Anzug hat drei DIN-A4-Zettel für seinen Auftritt vor dem NSA-Untersuchungsausschuss vorbereitet. „Mein Name ist R. U.“, sagt er. Er leite seit vier Jahren die Außenstelle Bad Aibling des Bundesnachrichtendienstes und wolle den Abgeordneten einige Informationen zur dortigen „Satellitenerfassungsstelle“ liefern – „im Rahmen meiner beamtenrechtlichen Möglichkeiten“.

Seine Möglichkeiten sind, wie sich herausstellt, übersichtlich. Mehr als die Initialen seines Decknamens soll die Öffentlichkeit nicht erfahren – und zur Sache berichtet R. U. kaum mehr als das, was durch Edward Snowdens Enthüllungen schon bekannt ist.

Dabei hat es R. U. seit seinem Eintritt in die Dienste des BND vor 18 Jahren zu etwas gebracht. Die von ihm geführte Filiale in Bad Aibling, einem Städtchen im oberbayerischen Voralpenland, gilt als wichtiger Knotenpunkt der deutsch-amerikanischen Geheimdienstzusammenarbeit. Auf dem Gelände der Mangfall-Kaserne unterhält der BND eine frühere US-Abhörstation mit 13 weithin sichtbaren Antennenkugeln, die Geheimdienstchef Gerhard Schindler im Zuge einer „Transparenzoffensive“ gerade erst als BND-Stützpunkt enttarnte. Der BND setzt dort, das bestätigte R. U., unter anderem auch die berüchtigte, von den USA zur Verfügung gestellte Schnüffelsoftware XKeyscore ein. Sie sei „ein wichtiges Instrument für Aufklärung in Krisengebieten“. Doch wenn es um das freundschaftliche Geben und Nehmen mit US-Diensten in Bad Aibling geht, wird U. reserviert. „Es war früher deutlich mehr“, sagt der Beamte. Details dürfe er öffentlich nicht nennen.

Eine erstaunliche Botschaft aber hat er doch mitgebracht: In Bad Aibling werde nur ein „kleiner Teil“ der Datenströme aus Krisenländern wie Afghanistan oder Somalia abgefangen. „Von Massenerfassung kann man hier nicht sprechen“, behauptet er. Die Menge liege „im Promillebereich“ dessen, was möglich wäre. Auf Nachfrage jedoch nennt U. keine Zahlen; was für den BND überhaupt „massenhaft“ ist, bleibt unklar. Weder will der Beamte sagen, wie viele Rohdaten seine Dienststelle pro Minute abfängt, noch welcher Anteil der afghanischen Kommunikation auf Servern in Bayern landet.

Auch seine Angaben zum befürchteten Daten-Ringtausch mit den USA bleiben vage. Der Beamte versichert, man gebe nur vorsortierte, um die Kommunikation deutscher Bürger bereinigte Daten an die Amerikaner weiter – und halte sich natürlich an deutsches Recht. Der BND könne über die XKeyscore-Software nicht auf NSA-Datenbanken zugreifen – und die NSA nicht auf BND-Speicher.

Die Amerikaner hätten ihr Engagement in Bad Aibling stark zurückgefahren. Eine mit BND- und NSA-Personal ausgestattete, gemeinsame Späheinheit existiere nicht mehr. Heute arbeiteten nur noch etwa zehn US-Geheimdienstler auf dem Gelände – in einem eigenen Gebäude. Sie würden dem BND helfen, wenn XKeyscore nicht laufe oder es ein Software-Update gebe.

Der Hauptauftrag seiner BND-Dependance ist U. zufolge „Force Protection“ – also die Absicherung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Diese Überwachung habe geholfen, Anschläge etwa auf Isaf-Truppen in Afghanistan zu verhindern, lobt U. Beweise bleibt er auch für diese Behauptung schuldig.

Nach vier Stunden beginnt der Ausschuss eine weitere Fragerunde – ohne Öffentlichkeit. „Ob Bad Aibling ein Teil des Systems der Massenüberwachung war, konnten wir bisher nicht klären“, räumt der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz ein. Für Grüne und Linksfraktion steht der Verdacht eines Daten-Ringtauschs zwischen BND und NSA weiter im Raum.