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Machen Windräder krank?

■ betr.: „Ein langer Abstieg“, taz.nord vom 20. / 21. 9. 14

Sagt einer etwas gegen erneuerbare Energien und Beeinträchtigungen, die daraus entstehen, wird man schnell zum Volksfeind, der öffentlichen Ächtung preisgegeben und als Spinner abgestempelt. Wir wohnen neben einer Biogasanlage. Dort wummert 24 Stunden am Tag ein leistungsstarker Verbrennungsmotor neben quietschenden und heulenden Rühr- und Steuereinrichtungen. 100 Meter vom Grundstück entfernt. Derartige Anlagen gehören in Industriegebiete, werden jedoch auch immer noch aufgrund politischer Verflechtungen oder privater Beziehungen zwischen den Profiteuren und Genehmigungsbehörden errichtet. Das gereicht jeder Bananenrepublik zur Ehre. Es wird Zeit, dass Lärm, Schall und Druck als Umweltverschmutzung eingestuft werden.  JANDEBUUR, taz.de

■ betr.: „Ein langer Abstieg“, taz.nord vom 20. / 21. 9. 14

O.k., ich kann das net anders sagen: What the fuck, taz? Nina Pierpont hat also das „Wind Turbine Syndrome“ benannt. Problem ist nur, dass es dafür keinen wissenschaftlichen Beleg gibt. Speziell gibt es schlicht keine peer-reviewed publication – und überzeugende Argumente gegen ihre Behauptungen. Die Formulierung „die St. Louis School of Medicine lieferte dazu kürzlich weitere Forschungsergebnisse“ ist gezielt vage, denn was sie auslässt, ist dass a) die Publikation in Acoustics Today veröffentlicht wurde, die explizit keine peer review vornehmen. Zusätzlich ist das ganze rein theoretisch, in diesem Artikel finden sich keine empirischen Belege. Dieser taz-Artikel ist pseudowissenschaftlich panikmachend und hilft im Endeffekt nur denen, denen erneuerbare Energien ein Dorn im Auge sind. BIGRED, taz.de

■ betr.: „Ein langer Abstieg“, taz.nord vom 20. / 21. 9. 14

Forschung zu Windkraftanlagen seit den frühen 1980ern hat ergeben: Deren tieffrequenter Schall ist bei kontinuierlicher Belastung in der Lage, erst eine „schallinduzierte Kinetose“, später dann die Vibrationsakustische Krankheit (VAD) der Stufen II und III beim Menschen hervorzurufen. Dabei ist es unerheblich, ob Betroffene einen Höreindruck haben oder nicht: das Innenohr verfügt neben den für das bewusste Hören notwendigen inneren Haarzellen noch über drei weitere Sensortypen, die hoch empfindlich für tieffrequenten Schall sind. Regelmäßig ist zu beobachten, dass Anwohner von Infraschallquellen wie Windkraftanlagen Schäden an zwei dieser Sensortypen aufweisen. Damit ist klar, dass unterschwelliger Infraschall für die Gesundheitsschäden im Umfeld dieser Anlagen verantwortlich ist. GEE SIMON, taz.de

■ betr.: „Ein langer Abstieg“, taz.nord vom 20. / 21. 9. 14

Die genannten gesundheitlichen Effekte im Zusammenhang mit Windkraftanlagen sind seit 1982 bekannt (Kelley, Harry, Nissenbaum, Paller). Psychogene Faktoren sind dabei auszuschließen, da das gleiche Symptomcluster im Umfeld anderer anthropogener Quellen von Infraschall bekannt sind: Wärmepumpen, Rückkühler, Ventilatoren oder Feuerungsanlagen führen bei Anwohnern regelmäßig zu gleichen Effekten (Findeis 2004). Zudem widersprechen die Fälle einem „Nocebo“-Effekt (Phillips). Anthropogene Quellen tieffrequenten Schalls sind – im Gegensatz zu natürlichen Quellen – durch spektrale und temporale Besonderheiten gekennzeichnet, die auf zentrales Nervensystem und das Gleichgewichtsorgan stark schädigend wirken. Die deutschsprachige Forschung dazu (zum Beispiel Ising 1979, 1982), wurde aber entweder fehlinterpretiert oder ignoriert. Während das Umweltbundesamt aber im Juni 2014 offiziell zurückrudern musste und die Existenz von Schädigungen auch bei Infraschall unterhalb der bei uns geltenden Grenzwerte einräumte, ist gerade Baden-Württemberg ein Paradebeispiel dafür, wie seriöse, aber unbequeme Forschung gezielt durch Polemik „neutralisiert“ wird. Damit kommt man durch, weil hierzulande seit den 1980ern „dank“ Umweltbundesamt in diesem Bereich kaum geforscht wird und die Kommunikation zur Schädigungswirkung den Betreibern überlassen wurde. International ist aber epidemiologisch und pathophysiologisch zu unterschwelligen aber lang andauernden Belastung durch technisch erzeugten Infraschall in den letzten Jahren so viel Wissen dazugekommen, dass selbst Fachleute für Messmethoden bei Infraschall von Windkraftanlagen 2013 zu der Einsicht kamen, übliche Methoden wie zeitliche Mittelwertbildung oder die Betrachtung von Terzbändern in Bezug auf die biologische Wirkung von Infraschall bei Windkraftanlagen seien vollkommen unzureichend. Damit erklärt sich auch die häufige Diskrepanz zwischen „eingehaltenen“ Messwerten und dennoch eindeutig korrelierenden Symptomen bei Anwohnern. JANINE PÖLZER, taz.de

Am Beispiel der Familie Hogeveen, die in einen unterirdischen Bunker gezogen ist, diskutierten die UserInnen auf taz.de in der vergangenen Woche leidenschaftlich über die Frage, ob sich Gesundheitsschäden durch den Infraschall großer Windkraftanlagen wissenschaftlich belegen lassen – und darüber, ob Windkraft- und andere Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien nicht ins Industriegebiet gehören.