: Bonnern droht Zwangsumzug
Nun fordert auch der mächtige Haushaltsausschuss des Bundestags einen Regierungsumzug – aber nicht für alle Bonner Beamten. Nur wer wichtig ist, soll nach Berlin. Alle anderen bleiben am Rhein
VON FELIX LEE
Stimmen, die den Komplettumzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin fordern, hat es schon viele gegeben. Passiert ist allerdings nichts. Doch nun könnte es ernst werden für die verbliebenen Bonner Bundesbeamten. Der Haushaltsausschuss des Bundestags fordert einen Mittelweg.
Der einflussreiche Bundestagsausschuss sprach sich dafür aus, alle Kernaufgaben der Bundesregierung in Berlin anzusiedeln. Einen Komplettumzug aller Bonner Ministerien lehnte er jedoch ab. 5 Milliarden Euro würde ein solcher Umzug kosten, rechnete der Vorsitzende des Bundestagshaushaltsauschusses, Otto Fricke (FDP), gestern vor. Dieser Summe stünden nur 50 Millionen Euro an jährlichen Einsparungen gegenüber. „Man könnte hundert Jahre pendeln, bevor man dann dieselbe Summe heraushat.“ Zugleich erklärte Fricke, dass die Kosten, die durch das Pendeln vieler Bundesbeamten entstehen, genau überprüft werden. „Wenn ich sehe, dass ein Herr Müller oder Herr Meyer aus dem Ministerium XY mindestens 10-, vielleicht sogar 20-mal die angeblichen hin- und herreist, dann hat der im Zweifel in Bonn nichts zu suchen, sondern dann muss der nach Berlin.“
Bonn ist noch immer Heimat von sechs Ministerien. In allen Ministerien arbeiten in der „Bundesstadt“ derzeit 9.147 Beamte. In der Bundeshauptstadt Berlin sind 8.726 tätig – und es werden immer mehr. Denn ein schleichender Umzug hat längst begonnen. So berichtete die Berliner Zeitung zu Wochenbeginn, dass sich die Bundesregierung die angeblichen bereits jetzt auf den verstärkten Umzug von Beamten aus Bonn nach Berlin vorbereitet. Demnach gehen die bislang geheim gehaltenen Pläne deutlich über das hinaus, was offiziell bekannt ist. Teile des früheren DDR-Innenministeriums an der Mauerstraße würden für Mitarbeiter aus vier bis fünf Ministerien saniert. Im Gespräch ist u. a. das Gesundheitsministerium von Ulla Schmidt (SPD).
Die Berliner Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, bezweifelt, dass ein Komplettumzug, wie behauptet, 5 Milliarden Euro kosten würde. Diese Zahl hat der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, eingebracht. Bosbach ist Rheinländer. Lötzsch geht von 2,5 Milliarden Euro aus.
Nicht nur die Linksfraktion setzt sich für eine Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes aus, das die Aufteilung der Hauptstadtfunktionen regelt. Fraktionsübergreifend gibt es Bemühungen, zwei Stellen im Artikel 4 zu verändern. Im Zuge einer „kleinen Lösung“ soll danach die Festlegung auf die ersten Dienstsitze wegfallen. Zudem soll der Passus die angeblichen gestrichen werden, dass bei den in Bonn verbleibenden sechs Ministerien die Mehrzahl der Beschäftigten am Rhein verbleiben müsse.