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Archiv-Artikel

Mehr Spaß mit dem eigenen Leib

Man kann ja verpeilt sein, Verantwortung zählt trotzdem. Bodi Bill und ihr Album „No more wars“

Bodi Bill sind Fabian Fenk, Alex Amoon und Anton K. Feist. Feist ist als Tontechniker der ruhige und beruhigende Hintergrundsbeauftragte der Bank, Fenk spricht, wie er spielt: schnell und gestenreich, während der bedächtige Amoon seine Sätze relativiert und ergänzt. Die drei Berliner Ende zwanzig haben sich in ihrer musikalischen Vergangenheit Genregrenzen gegenüber stets unbekümmert betätigt: Fabian Fenk veröffentlichte als Pantasz verspielte Elektrobasteleien mit Gesang. Alex Amoon ist DJ, veröffentlicht auf Ellen Alliens Techno-Label BPitch Control, spielt unter anderem Klavier und singt bei Nonostar, einer Drei-Mann-Band, die traumwandlerischen Post-Krautrock mit New-Wave-Tendenzen hervorbringt. Feist war oft als Live-Verstärkung bei Konzerten und heimliches Mitglied bei Bands, deren Alben er produziert, dabei. Befreundete Bands, die wie Bodi Bill beim Berliner Label Sinnbus Records herauskommen.

Bodi Bill, die heute im Tape Club auftreten, bezeichnen sich nicht als politische Band und streben trotzdem erklärtermaßen ein Mehr an persönlichem Verantwortungsbewusstsein an: „Es ist eben nicht alles egal. Deswegen hätte das Album auch ‚Go Ökoladen‘ heißen können, wenn wir so drauf wären. Das kann man machen, das ist cool.“ Nun heißt es aber „No More Wars“. Weil sie den utopischen Wunsch nach einer Welt ohne Kriege äußern wollen, so wie ihn jeder andere äußern können soll. Man hat nur ein erstes Album, und wenn man damit nur einen Wunsch frei hat, dann diesen. Wie naiv und schon tausend Mal geäußert er auch sein mag.

Aber es hat natürlich auch eine engagierte, eine politische Dimension, wenn das Statement auf der bandeigenen MySpace-Seite „Wechselt zu Lichtblick“ heißt. Oder wenn der Gruppenname gegen äußere Perfektion und für mehr Spaß mit dem eigenen Leib steht. Bodi Bill ist eine Figur, die immer etwas linkisch unterwegs ist und gemeinhin nur als mittelmäßig ansehnlich gilt. Ein verpeilter Körper, das Gegenteil von Bodybuilding. „Wir sind ja auch verpeilt und keine geschliffenen Typen. Unsere Musik ist verpeilt: Dieses On-Off-Ding, das Nie-Gleiche. Erst kommt ein Song, dann wieder eine Techno-Nummer.“

Bodi Bill sind trotz ihrer Anliegen maximal unangestrengt. „No More Wars“ vermählt aufs Leichteste ins Herz zu schließenden Songwriter-Folk mit Format und schweißfleckige Clubmusik außer Atem. Verzichtet wird dabei auf Indie-Besorgnis um Ernsthaftigkeit oder totbenutzte Techno-Snares. Besonders Fenks Crooner-Gesang ist neugieriges Spielen mit großen Stimmgesten, aber kein Ton-Geproll.

Die Texte sind um die Unvollkommenheit der Welt wissende „warm gemeinte Attacken“: tendenziell melancholische Geschichten von Beinen ohne blaue Flecken, verhinderter oder vergangener Liebe und überfüllten Technotempeln. Konkret und unverrätselt. „Es hat eine Weile gedauert, aber wir haben aufgehört, uns darüber Gedanken zu machen, dass etwas zu direkt oder poppig sein könnte.“

Apropos: Bodi Bill legen, trotz großem Elektronikanteil und Club-Gigs um 3 Uhr morgens, großen Wert darauf, eine Band zu sein. Kein Projekt oder etwas ähnlich Prekär-Unverbindliches in Gänsefüßchen. Musik, Text und Personal, alles kämpft hier für Positionen, gegen ewige Unbezogenheit und die postmodern-urbane Angst, etwas zuzulassen.

Live sind Bodi Bill hyperaktiv, stets an der Grenze zum „hasty heart attack“. Sie turnen in speziell designten Wämsen an ihren Rechnern herum, geigen, trompeten und bodibillen. Da ist dann der hörereigene Körper gefragt, auch heute im Tape Club, denn es wird in jedem Fall ein Tanzkonzert werden.

ANNE WAAK

Bodi Bill: „No More Wars“ (Sinnbus); Bodi Bill spielen heute im Tape Club, Heidestr. 14