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Archiv-Artikel

Bei der Bahn stehen die Zeichen auf Streik

GEWERKSCHAFTEN Fahrgäste müssen sich auf Beeinträchtigungen einstellen

Damit rückt ein massiver Arbeitskampf bei dem bundeseigenen Konzern näher

BERLIN taz | Streik oder nicht Streik? Am heutigen Donnerstag will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) das Ergebnis der Urabstimmung über Streiks bei der Deutschen Bahn AG bekannt geben. Es wird mit einer Zustimmung von über 90 Prozent gerechnet. Damit rückt ein massiver Arbeitskampf bei dem bundeseigenen Konzern näher. Für die Bahnkunden könnte es zu erheblichen Beeinträchtigungen kommen.

Bei dem Konflikt geht es um mehr als um die GDL-Forderungen nach 5 Prozent mehr Lohn und die Absenkung der Wochenarbeitszeit um 2 auf 37 Stunden. Denn die dem Deutschen Beamtenbund (DBB) zugehörige Spartengewerkschaft will einen Tarifvertrag nicht nur für die 20.000 Lokführer, sondern für das gesamte Fahrpersonal abschließen. Dazu gehören nach GDL-Lesart auch die 17.000 Zugbegleiter, Lokrangierführer, Ausbilder und Mitarbeiter der Bordgastronomie. Diese werden bisher von Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten, die dem DGB angehört.

Die EVG ist nicht bereit, ihre Zuständigkeit für diese Berufsgruppen abzugeben, und wird dabei von der Konzernspitze unterstützt. Begründet wird dies mit der höheren Mitgliederzahl im Gesamtkonzern, während die GDL auf ihre Mehrheit beim Fahrpersonal verweist. Quasi als Vorbedingung für reguläre Tarifverhandlungen verlangt das Unternehmen von beiden Gewerkschaften eine verbindliche Einigung über die Tarifzuständigkeiten. Den Abschluss konkurrierender Tarifverträge, die dann möglicherweise verschiedene Entgelt- und Arbeitszeitregelungen innerhalb einiger Berufsgruppen beinhalten würden, schließt das Unternehmen aus.

Die Zuspitzung der diesjährigen Tarifrunde bei der Bahn AG kommt nicht aus heiterem Himmel. 2008 hatte die GDL nach erbitterten Streiks erstmals einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführer durchgesetzt, nachdem sie die Tarifgemeinschaft mit dem EVG-Vorläufer Transnet aufgekündigt hatte. Hintergrund war der Unmut über den Kurs der Transnet, den geplanten Börsengang der Deutschen Bahn durch „Lohnzurückhaltung“ und Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen zu unterstützen. Ihre bereits damals erhobene Forderung nach Vertretung des gesamten Fahrpersonals musste die GDL aber fallen lassen. In einem Grundlagenvertrag zwischen der Bahn und den beiden Gewerkschaften wurden seinerzeit die tariflichen Zuständigkeiten festgeschrieben. Dieser Vertrag lief im Mai 2014 aus, und die GDL hatte bereits frühzeitig erklärt, ihn keinesfalls fortschreiben zu wollen. Offenbar fühlt sich die Gewerkschaft jetzt stark genug, ihre alte Forderung durchsetzen zu können.

RAINER BALCEROWIAK