Gebärdensprache für alle

INKLUSION Die Grünen fordern die Einführung von Gebärden-Unterricht für hörende und hörgeschädigte Kinder an Schwerpunktschulen. Die SPD verschiebt die Entscheidung in die nächste Legislaturperiode

„Bisher werden hörgeschädigte Kinder nicht inkludiert, sondern isoliert“

Stefanie von Berg, Die Grünen

Die Behinderung ist dem neunjährigen Pelle kaum anzumerken. Nur wenn es in der Klasse zu laut wird, kommt der hörgeschädigte Junge nicht mehr mit. Seine Hörgeräte können die Störgeräusche nicht von den Gesprächen trennen – für ihn bleibt nur ein Klangbrei. „Gebärdensprache wäre in solchen Situationen sehr hilfreich“, sagt seine Mutter Caren Degen. Dann könnte sich ihr Sohn auch an aufgezeigten Schlüsselworten orientieren.

Wie Pelle seien Hörgeschädigte und Gehörlose an allgemeinbildenden Schulen trotz technischer Hilfsmittel oft von der Kommunikation ausgeschlossen, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen Stefanie von Berg. Damit sich hörende und hörgeschädigte Kinder besser verstehen, sollte die Gebärdensprache schrittweise im Schulalltag etabliert werden. Das fordern die Grünen in einem Antrag, über den heute in der Bürgerschaft abgestimmt wird.

Konkret geht es um die Einführung des Wahlpflichtfachs „Deutsche Gebärden“. Nach Vorstellung der Fraktion soll der Unterricht zunächst an sogenannten Schwerpunktschulen eingeführt werden. Das sind Schulen, in denen behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam lernen und die sich auf den speziellen sonderpädagogischen Förderbedarf ihrer Schüler eingestellt haben. „Es geht darum, Barrieren zwischen den Kindern abzubauen“, sagt von Berg. „So wie die Inklusion jetzt in Schulen gestaltet ist, werden hörgeschädigte Kinder nicht inkludiert, sondern isoliert.“ Zudem machten Gebärden auch hörenden Kindern Spaß und gäben ihnen neue Ausdrucksmöglichkeiten.

Die Deutsche Gebärdensprache ist seit 2002 als eigenständige Sprache offiziell anerkannt. Im Unterricht an Hamburger Schulen hat sich das bisher nicht niedergeschlagen. „Perspektivisch sollte das Fach an allen Schulen unterrichtet werden“, fordert von Berg. Dafür müssten auch Lehrer in Gebärdensprache geschult werden.

Die Vorschläge der Grünen erscheinen dem SPD-Sprecher in Schulthemen Lars Holster „erst einmal schlüssig“. Allerdings sei das Thema zu komplex, um ohne die Anhörung von Experten darüber abzustimmen. Holster will den Antrag deshalb in den Schulausschuss überweisen. Darüber entschieden werde aber voraussichtlich erst in der nächsten Legislaturperiode nach der Wahl im Februar 2015.  REA