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Archiv-Artikel

„Die Eignung wächst mit dem Studium“

GEW-Chef Meyer-Lauber drängt auf eine Lehramtsreform: Fachwissen müsse besser vermittelt werden

ANREAS MEYER-LAUBER, 55, ist seit drei Jahren Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW.

taz: Herr Meyer-Lauber, an der Uni Duisburg-Essen wird das Studium für Geografie-Lehrer eingestampft, in Bielefeld stehen Musik und Kunst auf der Abschussliste. Wird es einige Fächerkombinationen demnächst nur noch an wenigen NRW-Unis geben?

Andreas Meyer-Lauber: Das ist eine große Gefahr. Bei dem Bedarf an Lehrern, den wir aber haben, wird eine quantitatives Zurückfahren der Fächer zu einer Katastrophe führen.

Dafür wurden die Reformvorschläge der Baumert-Kommission zur Lehrerausbildung von der GEW gelobt. Welche Ideen haben Sie überzeugt?

Ich finde den Vorschlag gut, die Zentren für Lehrerausbildung an den Universitäten zu stärken. Dieses soll in Zukunft über die Verteilung von Ressourcen entscheiden. Auch die Fachdidaktik aufzuwerten, halte ich für richtig. In den letzten Jahren wurde diese stark vernachlässigt. Außerdem befürworte ich, die Qualität der Praktika im Studium zu verbessern.

Oft wird kritisiert, dass Lehrer zu spät praktische Erfahrungen machen. Darauf geht die Kommission nicht ein.

Die Zahl der Praktika ist bei der letzten Reform des Lehramts bereits erhöht worden. Die Quantität ist nicht das Problem, sondern die Qualität. Die Praktika haben nicht die Aufgabe, die Eignung zu testen.

Besteht heute nicht die Gefahr, dass sich erst im Referendariat zeigt, ob man für den Lehrerberuf geeignet ist?

Die Eignung für den Lehrerberuf ist nicht gottgegeben, sondern wächst mit dem Studium. Es wäre sinnvoll, im Sinne eines Assessment-Centers bei Studierenden zu ermitteln, welche Qualitäten schon da sind und welche noch weiter entwickelt werden müssen. Dazu braucht es keine Praktika.

Die Kommission rät, Lehrer nach Schulformen auszubilden statt nach Sekundarstufe I und II. Was halten Sie davon?

Gut finde ich, dass es statt eines gemeinsamen Studiums mit zukünftigen Hauptschullehrern ein eigenes Lehramt für die Grundschule geben soll. Viele Studierende wünschen sich das.

Würde eine solche Reform nicht die Schulsorten manifestieren, die Sie als GEW zu einer Gemeinschaftsschule zusammenführen wollen?

Wenn man eine Schule für alle Kinder will, kommt man natürlich zu einem etwas anderen Zuschnitt der Lehrämter als bei dem heutigen, dreigliedrigen System. Man kann die Lehrerausbildung aber nicht reformieren, bevor man die Schulstruktur ändert, das muss Hand in Hand gehen.

Was hätten die SchülerInnen von einer Reform des Lehramts?

Wenn schon im Studium mehr Wert darauf gelegt wird, Fachwissen zu vermitteln, würden davon vor allem die Schüler und Schülerinnen profitieren.

Hat der Baumert-Bericht auch Schwachstellen?

Die Kommission sagt leider nichts zum Referendariat und zur Verbesserung des Berufseinstiegs. Eine Reform der Lehrerausbildung müsste aber aus einem Guss sein.

INTERVIEW: NATALIE WIESMANN