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Archiv-Artikel

Landrat wollte NPD nicht treffen

Nach dem Gespräch mit Rechtsextremen räumt ein sächsischer CDU-Politiker Fehler ein

DRESDEN taz ■ Nach heftiger Kritik an seinem Treffen mit der NPD-Spitze des sächsischen Muldentalkreises hat Landrat Gerhard Gey (CDU) gestern eine Rechtfertigung versucht. Er sei von einem Treffen mit Jugendlichen ausgegangen, habe aber die Teilnahme von Funktionären toleriert, sagt er vor Journalisten. Diese sei ein Fehler gewesen, räumte der Landrat ein.

Nach der Pressemitteilung der NPD über angebliche Mittelzusagen für rechte Jugendarbeit fühle er sich von der NPD instrumentalisiert. Eine entsprechende Unterlassungserklärung sei ausgefertigt worden. Die Presseerklärung spiegele nicht den Charakter des Treffens wider. „Ein solches Gespräch dürfte es in dieser Zusammensetzung vorerst nicht mehr geben“, sagte Gey.

Auf Vermittlung eines NPD-Kreistagsabgeordneten hatte sich der Landrat am 24. April mit einem weiteren Kreistagsabgeordneten, dem NPD-Kreisvorsitzenden Marcus Müller und drei Jugendlichen im Landratsamt getroffen. Bei dem 2-stündigen Gespräch ging es um die Jugendarbeit (taz berichtete gestern).

Grundsätzlich verteidigte der Landrat jedoch seine Gesprächsbereitschaft. Der örtliche kriminalpräventive Rat habe sich gleichfalls gegen die Ausgrenzung von Jugendlichen ausgesprochen. Die jugendlichen Gesprächsteilnehmer hätten nach seinem Wissen kein NPD-Parteibuch besessen. Sie fühlten sich ausgegrenzt und hätten „Informationsdefizite“ bezüglich wirtschaftlicher und sozialer Fragen offenbart. Gay sagt weiter, er habe sich deutlich gegen Rechtsextremismus positioniert und fühle sich jetzt zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt. „Es gibt keinen Königsweg der Auseinandersetzung“, sagte der Landrat.

Eine Warnung vor diesem Gespräch will er nur von Volkmar Wölk, Mitarbeiter der Linkspartei-Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz erhalten haben. Wölk bestätigte aber die Darstellung der taz, wonach auch Polizeipräsident Bernd Merbitz (CDU) und das Mobile Beratungsteam abgeraten hatten. Merbitz, der auch Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion ist, wurde gestern wiederum vom Chef der SPD Nordsachsen, Henning Homann, kritisiert. Der vermisst eine klare Positionierung von Merbitz: „Jetzt fehlen ihm bei seinem CDU-Landrat die klaren Worte“.

Inzwischen hat die Rechtsextremismus-Expertin der grüne Bundestagsfraktion, Monika Lazar, Landrat Gey zu einer Entschuldigung aufgefordert. Sein Verhalten sei an Naivität nicht zu überbieten. „Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass man Rechtsextremisten nicht bekehrt, wenn man mit ihnen auf Augenhöhe redet und sie in ihrem undemokratischen Handeln bestärkt“, sagte sie gestern. Das sei auch ein Schlag gegen die Arbeit von Initiativen gegen rechts. Lazar wies auf die Probleme des Bundesprogramms „Jugend für Vielfalt und Toleranz“ hin, bei dem nicht mehr die Initiativen, sondern die Kommunen die Gelder beantragen. Es sei skandalös, dass beispielsweise das verdienstvolle Netzwerk für Demokratische Kultur in Wurzen noch keine Mittel erhalten habe.

MICHAEL BARTSCH