Söder muss auf Gnade der CSU hoffen

Nach der RAF-Gnadendebatte steht der chronisch großmäulige CSU-Generalsekretär Markus Söder unter Beschuss. Denn dessen Drohgebärde an Bundespräsident Horst Köhler geht auch den Freunden derber Sprüche in seiner Partei zu weit

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Schon oft hat Markus Söder Polit-Trash fabriziert – mal forderte er die Rettung des Sandmännchens, mal das tägliche Absingen der Nationalhymne in Schulen. Seit Anfang der Woche steht der Lautsprecher der CSU wegen seiner großen Klappe aber auch parteiintern unter Beschuss: In der letzten Woche soll Söder bei einer Klausur der CSU-Landtagsfraktion eine etwaige Begnadigung des RAF-Terroristen als „schwere Hypothek“ für Horst Köhlers Wiederwahl als Bundespräsident bezeichnet haben.

In der CSU ist nach dem Fauxpas zwar noch nicht von einem Rücktritt die Rede, aber zumindest der Berliner Koalitionspartner SPD stellt diese Forderung. „Wer seine Grenzen nicht mehr kennt, hat auch keine Legitimation mehr, Generalsekretär für seine Partei zu sein“, meinte Bundestagsvize Susanne Kastner (SPD). Harsche Kritik kam auch von der Opposition. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel spricht genau wie die Grünen von einer versuchten Nötigung Köhlers.

In der Landtags-CSU will zwar niemand den brisanten Satz Söders gehört haben, aber dementiert wird er von den Parlamentariern ebenso wenig wie von der sonst so eifrigen CSU-Pressezentrale. Und so stehen die Worte als gesagt im Raum und könnten sich für Söder selbst bald als schwere Hypothek erweisen. Denn das Nein zu Klars Gnadengesuch ist zwar beinahe uneingeschränkt CSU-Linie. Diese konservative Position aber mit einer Drohung an das Staatsoberhaupt zu verbinden, geht selbst den Parteifreunden zu weit.

„Mich hat’s gerissen, als ich den Satz gelesen hab“, hört man von erschreckten Landtagsabgeordneten. Und Fraktionschef Joachim Herrmann stärkte, angesprochen auf Söders Zitate, dem angegriffenen Bundespräsidenten Köhler gestern so unverhohlen den Rücken, dass man daraus eine Kritik am Parteigeneral ableiten kann: „Ich bin stolz auf unseren Bundespräsidenten und werde ihn wieder wählen.“ Deutlicher noch wurde der mächtige CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Söders Äußerung habe weder die Haltung der CSU noch die der CSU-Landesgruppe wiedergegeben, versicherte Ramsauer in Berlin.

Die Worte von Söders CSU-Kollegen machen deutlich, dass sich auch der CSU-General einreihen muss in die große CSU-Personaldebatte rund um Noch-Oberbayer Edmund Stoiber, seinen Nachfolger Günther Beckstein sowie die beiden Möchtegern-Parteichefs Erwin Huber und Horst Seehofer. Sie alle balgen sich derzeit um einen glanzvollen Abgang (Stoiber), einen halbwegs vernünftigen Start (Beckstein) oder um einen Chefposten (Huber, Seehofer). Und spätestens jetzt ist auch der 40-jährige Parteigeneral Söder mittendrin im Personalgeschacher.

Denn bei den Nachfolgekandidaten zum CSU-Parteivorsitz ist Söder schlecht gelitten. Horst Seehofer ist sauer auf Söder, weil er sich auf die Seite des Rivalen Erwin Huber geschlagen hat. Aber auch Huber hat jüngst eine Debatte über einen neuen Generalsekretär angestoßen. Im Falle seiner Wahl werde es wahrscheinlich Personalveränderungen geben, meinte Huber. „Ich habe den Kopf voller Ideen.“

Einen wichtigen Parteifreund hat Söder allerdings noch: Günther Beckstein. Es sei selbstverständlich, dass in einer Demokratie Entscheidungen des Bundespräsidenten kommentiert würden, sagte Beckstein dem Sender n-24. „Und das dürfen nicht nur Journalisten und Bürger, sondern selbstverständlich auch Politiker.“

Gut möglich, dass es beim Schulterschluss der beiden bleibt, Schnittpunkte gibt es jedenfalls: Beide sind wertkonservative Franken und Fußballfans. Und so könnte aus dem Präsidentenschmäh sogar ein Bewerbungszitat für Becksteins Kabinett werden, das er im Oktober aufstellt.