: Hartes Ringen um Platz 2
SPD-KANDIDATENWETTSTREIT
Die SPD-Karawane ist weitergezogen, durch die dritte Woche des parteiinternen Wahlkampfs um die Nachfolge von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister. In Neukölln, Karlshorst und Zehlendorf gastierten Raed Saleh, Jan Stöß und Michael Müller zuletzt, mal mit Kreisparteitagsdelegierten als Publikum, mal mit einfachen Mitgliedern. Wo der eine Gag zündet, bleiben andernorts die Hände ruhig. Salehs Feststellung, wonach es nicht sein könne, dass man in Berlin Falschparken bestrafe, aber toleriere, dass Eltern ihre Kinder vor dem Fernseher parken, war der meistbejubelte Satz beim ersten Mitgliederforum Ende September. Als der SPD-Fraktionschef ihn am Donnerstagabend in Zehlendorf bringt, ist die Reaktion – nett formuliert – eher mau.
Selbst ohne neuere repräsentative Umfragen als jene der Berliner Zeitung von vor zweieinhalb Wochen, die Michael Müller weit vorn sah, verdichtet sich der Eindruck, dass Saleh und Stöß an ihm nicht mehr vorbeikommen können; dass es für sie nur noch um Platz 2 geht. Das wirft zugleich die Frage auf: Welche Konsequenzen hätte eine Niederlage im parteiinternen Wettstreit für die beiden?
Saleh dürfte selbst bei Platz 3 nicht unter Druck stehen, seinen Posten als Fraktionsvorsitzender zu räumen. Denn es wäre ja die Partei, die Müller vorzöge, nicht die Fraktion. Für Stöß sieht die Lage schon anders aus. Er wird sich rechtfertigen müssen, wenn er bei der Basis der Partei, deren Landesvorsitzender er ist, keine Mehrheit für seine Kandidatur findet. Bei Platz 3 unter drei Bewerbern dürfte ihm das schwer fallen. Deshalb mag zwar das Rennen um Platz 1 gelaufen sein – aber kämpfen muss zumindest Stöß bis zum letzten Mitgliederforum am kommenden Dienstag und bis zur letzten Kandidatenvorstellung wo auch immer.
Müller hat im taz-Interview zwar gesagt, dass er den Posten des Parteichefs nicht anstrebt. Übernehmen müssen wird er ihn möglicherweise trotzdem. Denn es ist nach diesem Wettstreit undenkbar, dass Stöß eine Rolle übernimmt, wie Müller sie früher selbst inne hatte: Bis 2012 hatte er als SPD-Landeschef für Wowereit die Partei auf Linie zu bringen. Denn eine Dauerkonkurrenz zwischen einem Regierungschef und einem Parteivorsitzenden, der sich absehbar weiterhin als den besseren Regierenden sehen würde, kann sich die SPD mit Blick auf die kommende Abgeordnetenhauswahl 2016 nicht leisten. STEFAN ALBERTI