„Das Bedürfnis nach Hygiene schüren“

KEIMFREIHEIT 2004 bereits ersann Helrik Bobke eine Methode, den heimischen Kühlschrank von unerwünschten Bewohnern zu befreien. Seither bewirbt der Hannoveraner seine Desinfektionsstäbchen – wirklich interessieren mochte sich lange niemand dafür. Jetzt aber schlägt seine Stunde

■ 44, hat Maschinenbau studiert und sich auf Energie- und Verfahrenstechnik spezialisiert. An „Knick’n’Clean“ arbeitet er seit 2004.

taz: Herr Bobke, ist die Ehec-Epidemie die Sternstunde ihres Unternehmens?

Helrik Bobke: Es tut sich natürlich einiges. Vorher hat es funktioniert, aber richtig Geld habe ich nicht verdient. Durch Ehec hat sich der Besuch meiner Internetseite von 25 bis 30 auf bis zu 1.300 Besuche pro Tag gesteigert. Davon bestellen dann ungefähr zehn Prozent auch etwas.

Wissen Sie, ob der Stoff, den Sie verwenden, den Ehec-Erreger abtötet?

Im Trinkwasserbereich gab es Untersuchungen, bei denen die Konzentration des Wirkstoffes ähnlich der im Kühlschrank war. Dabei wurden die meisten E. coli-Bakterien abgetötet – und der Ehec-Erreger ist ja eine E. coli-Form. Von daher kann man auch auf eine Wirkung im Kühlschrank schließen.

Aber richtig getestet haben sie die Wirkung auf Ehec nicht.

Damals gab es den Erreger so noch nicht. Um es zu vereinfachen: Was passiert, wenn sich ein Mensch eine Handgranate in den Bauch steckt, gilt auch für den Effekt des Wirkstoffes bei Bakterien. Ob der Mensch farbig ist, groß oder klein, hat dabei keine Bedeutung. Bei E. coli ist die Mutationsform egal, es wird dabei zerstört. Das Desinfektionsmittel ist effektiver als die meisten anderen, weil es gegen sehr starke Keime ankommt. Wir haben den stärksten getötet: Salmonellen. Ich bin sicher, dass auch Ehec abgetötet wird.

Wie kamen Sie damals eigentlich auf die Idee zu „Knick’n’clean“?

Damals habe ich im Bereich der Trinkwasserdesinfektion gearbeitet. Ein Kollege wollte unser Desinfektionsmittel auf andere Keimherde übertragen. Es musste Gascharakter haben, denn der Wirkstoff ist nur im Moment seines Entstehens aktiv. Dann haben wir die ersten Prototypen machen lassen, mussten aber erst noch die Wirksamkeit beweisen. Das Lebensmittelinstitut in Hannover hat die Stäbe dann kontrolliert, indem zwei baugleiche Kühlschränke mit Salmonellen und anderen Keimen infiziert wurden. Dabei hat sich herausgestellt: Die zehn Millionen Salmonellen des Kühlschrankes mit Stäbchen wurden innerhalb von zehn Tagen abgebaut. Und Salmonellen gehören zu den resistentesten Keimen.

Wie konnten Sie die Produktion realisieren?

Einen Sponsor gibt es nicht. Ich finanziere das Produkt von meinen Ersparnissen. Kredite wollte ich nicht aufnehmen, um nicht verschuldet zu sein, falls der Vertrieb nicht anläuft.

Wäre auch ein direkter Einsatz, sagen wir, bei Lebensmittellieferanten denkbar?

Ja, es gäbe von unserer Seite bereits die Möglichkeit – aber noch keinen Großkunden. Die meisten Firmen wollen keine Vorreiter sein. Einige Warenkataloge haben mich zwar aufgenommen, aber dort fallen meine Stäbe weniger auf. Den Menschen ist einfach nicht bewusst, wie viele Bakterien auf uns lauern. Das Bedürfnis für Hygiene beim Menschen muss erst noch geschürt werden. Aber momentan mache ich mir da keine Sorgen.INTERVIEW: VIVIANE PETRESCU