: Linke bekriegt sich wegen UN-Mandat
LINKSPARTEI Lafontaine wirft Reformern Verrat von Grundsätzen vor
BERLIN taz | Bei Debatten über Militär und Krieg geht es der Linkspartei ganz schnell um alles. Die sonst sorgsam bedeckten Bruchlinien zwischen fundamentalistischem und realpolitischem Flügel werden unübersehbar. Nun ist ein erbitterter Streit ausgebrochen, welche Mittel im Kampf gegen den Islamische Staat erlaubt sind. Der linke Flügel wirft den Realos Verrat vor. Oskar Lafontaine schrieb, dass Gregor Gysi und einige Reformer die friedenspolitischen Grundsätze der Partei „entsorgen“ wollen, weil sie auf „die Regierungsbeteiligung in einer rot-rot-grünen Koalition schielen“.
Das Grundsatzprogramm schließt eine deutsche Beteiligung auch an UN-mandatierten Militäreinsätzen aus, nicht aber die politische Unterstützung solcher Einsätze. Im Reformer-Lager winkt man angesichts der Angriffe des linken Flügels in einer Mischung aus Müdigkeit und Entnervtheit ab. „Wer von Parteifreunden solche Unterstellungen zu hören bekommt, braucht keine Gegner mehr außerhalb der Partei“, so Fraktionsvize Jan Korte. Er hatte mit 13 anderen Reformern in dem Thesenpapier „Rettet Kobane“ gefordert, auf ein Mandat des UN-Sicherheitsrats für einen Militäreinsatz gegen IS zu drängen.
Eine rasante Karriere in sozialen Medien macht derweil eine Plakataktion der Bundestagabgeordneten Christine Buchholz. Sie postete ein Foto mit einem Plakat: „Solidarität mit dem Widerstand in Kobane! US Bombardement stoppen!“. Buchholz rechtfertigt diesen originellen Slogan damit, dass die Bombardierungen dem IS zusätzlich Sympathien in der sunnitischen Bevölkerung verschafft. Allerdings ist der kurdische Widerstand, mit dem sich Buchholz eigentlich doch solidarisiert, anderer Ansicht: Er begrüßt die Luftschläge der US-Armee. Buchholz auf Facebook veröffentlichtes Agitprop-Plakat sorgte für einen Shitstorm. Auch viele GenossInnen zeigten sich fassungslos.
Fraktionschef Gregor Gysi befürwortet ein UN-Mandat für eine Militäraktion gegen den IS. Die Bundeswehr solle sich, aus historischen Gründen und wohl auch mit Blick auf das Parteiprogramm, keinesfalls an Militäraktionen in der Region beteiligen. Für die Linkspartei hat die Debatte eine besondere Brisanz, weil sie relativ viele kurdischstämmige Mitglieder hat. SR