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Archiv-Artikel

Khuon-Nachfolge entschieden

Joachim Lux wird neuer Intendant des Thalia Theaters. Mit dem derzeitigen Chefdramaturgen des Wiener Burgtheaters könnte die Erfolgslinie des bedeutenden Hamburger Hauses fortgesetzt werden

Die Ära Khuon

Der Posten des Thalia-Intendanten war frei geworden, weil sein bisheriger Inhaber, Ulrich Khuon, zur Spielzeit 2009/2010 ans Deutsche Theater Berlin geht. Unter Khuon wurde das Thalia zum meistbesuchten deutschen Haus. 2003 wählten die Kritiker es zum „Theater des Jahres“, beim diesjährigen Berliner Theatertreffen ist es mit drei Inszenierungen eingeladen. „Was Ulrich Khuon geschafft hat, muss man erst mal schaffen“, sagt Nachfolger Lux. DPA

Von SIMONE KAEMPF

Das Thalia Theater bekommt wieder einen Intendanten, der selbst keine Regie in den inszenierten Stücken führt – anders, als Gerüchte um die Nachfolge des derzeitigen Theaterleiters Ulrich Khuon zuletzt behauptet hatten. Nun aber steht fest: Der neue Thalia-Intendant heißt Joachim Lux.

Lux ist zur Zeit Chefdramaturg am Wiener Burgtheater. Der überraschende Vorschlag der Hamburger Findungskommission, mit ihm über einen Vertrag ab der Spielzeit 2009/10 zu verhandeln, führt die Erfolgslinie fort, die der derzeitige Intendant Khuon vorgegeben hat: lieber einen denkenden Strippenzieher an der Spitze des Theaters, der die Entwicklung des Zeitgenössischen im Auge hat und dem ausreichend Zeit bleibt, die Atmosphäre im Haus wie im Verhältnis zur Stadt zu pflegen – als einen Intendanten, der auch selbst als Künstler auftrumpfen will. Lux ist der Richtige dafür, das zur Zeit künstlerisch erfolgreichste deutschsprachige Theater zu übernehmen.

Eine Intendanz ist für den geborenen Münsteraner eine neue Herausforderung. In seinen knapp acht Jahren am Wiener Burgtheater aber, wo Lux seit 2006 Chef der Dramaturgie ist, hat er einige Erfahrungen mit einem großen Haus gesammelt. Das Wiener Burgtheater bietet zudem ein ähnlich gemischtes Programm wie das Thalia, ist aber noch mal eine Nummer größer und verfügt über einen erheblich höheren Etat.

Nicht nur aus Wien, sondern auch von seinen vorherigen Stationen in Bremen und Düsseldorf verfügt der 49-Jährige über allerbeste Kontakte zu Regisseuren und Autoren. Als Dramaturg hat er zuletzt erfolgreiche Arbeiten wie Jan Bosses „Viel Lärm um nichts“ oder Nicolas Stemanns Inszenierung von Elfriede Jelineks „Babel“ betreut. Breites, abwechslungsreiches Theater wird es in Hamburg mit ihm auch in Zukunft geben.

Lux gilt in der Fachwelt als der schnellste Dramaturg („man schreibt ihm noch und er antwortet bereits“), als akribischer Denker und Diskutant. In Hamburg tritt er ein anspruchsvolles Erbe an: Khuon hat das Thalia mit Mut zum Risiko und einem sicheren Gespür für Talente zum ersten Haus am Platze gemacht. Doch nicht zuletzt die intellektuelle Aura von Lux mag die Findungskommission überzeugt haben, vor der jeder der vier Kandidaten vorige Woche noch einmal seine Pläne präsentieren musste.

Das Handicap von Lux dürfte sein, dass man ihn bisher noch nicht als einen entscheidungsschnellen Machtmenschen kennen gelernt hat, der das Ruder gegen interne Widerstände rumreißen kann, wenn es im Haus nicht läuft. Aber das wäre düstere Zukunftsmusik. An den Beispielen von Friedrich Schirmer am Hamburger Schauspielhaus oder Frank Baumbauer an den Münchner Kammerspielen zeigt sich im Moment, dass selbst jahrzehntelange Erfahrung wenig hilft, wenn gerade der Wurm drinsteckt. Die Herausforderung, das Thalia Theater weiter als eine der ersten Adressen auf bisherigem Niveau zu halten, scheint bei ihm gut aufgehoben. Welches inhaltliche und ästhetische Programm seinem Auftrag folgt, wird er noch darlegen müssen. Durchdacht wird es sein, so viel scheint sicher.