ZWISCHEN DEN RILLEN
: Wegweiser durch einen Kosmos

Verschiedene: „A Tribute to Nils Koppruch + Fink“ (Trocadero/Indigo)

Als der Hamburger Künstler Nils Koppruch im Oktober vor zwei Jahren unerwartet verstarb, hinterließ er ein reichhaltiges Erbe, welches nicht durch Popularität, sondern durch seine unbestreitbare künstlerische Relevanz gekennzeichnet ist.

Koppruchs Stärke als Songwriter wurde Mitte der Neunziger als Sänger der Countryrockband Fink evident. Seine Lyrics hatten schon damals etwas Unverstelltes und waren immer von einer universell verständlichen Qualität. Simpel, unprätentiös, scharf beobachtend und fern jeder metaphysischen Erklärungsversuche entsprangen sie einer Dringlichkeit.

Das Hamburger Label Trocadero versammelt nun 28 Interpreten, um Koppruchs Schaffen zusammen mit Fink und solo unter eigenen Namen in Form des Doppelalbums „A Tribute to Nils Koppruch und Fink“ zu würdigen. Eine traurig-schöne Sammlung von Geschichten ist so entstanden. Freunde und ehemalige musikalische Wegbegleiter Koppruchs singen und spielen seine Songs.

Alle Mitwirkenden haben einen persönlichen Bezug zum Komponisten. So ist ein liebevolles Album mit starkem Symbolcharakter entstanden.

Gisbert zu Knyphausen und die Kid Kopphausen Band eröffnen den Reigen mit dem Titel „Staub und Gold“ und erzählen damit die Geschichte des Komponisten eigentlich vom musikalisch furiosen Ende her. Weniger lakonisch als das Original propagiert ihre Version die Hoffnung auf Erneuerung und Verbesserung. Jedoch hinterlässt es im Kontext dieses Albums ein melancholisches Gefühl, zumal es sich nicht dem kitschigen Pathos eines Happy End hingibt, wie im Übrigen keiner der Songs Koppruchs.

Aufgrund der Zusammenarbeit, Knyphausen war der Letzte, der vor Koppruchs Tod mit ihm Musik machte, beschließt er das Album außerdem, nur von Akustikgitarre und Percussion begleitet, mit dem Titel „Durchreise“.

Viele der 28 Sücke sind sparsam arrangiert und ganz im Sinne der countryesken Originale spärlich mit Akustikgitarre und Banjo instrumentiert. Umso schöner klingen die Ausnahmen, zum Beispiel die technoide Interpretation des Fink-Songs „Fliegen“ von Günter „Rex“ Märtens, eine seltsam anmutende elektronische Adaption mit verschroben humoristischem Chorgesang. Auch die Interpretationen der Künstler Pascal Fuhlbrügge und Bernadette La Hengst lassen die jeweiligen Originale „Zieh dein Hemd aus, Moses“ und „Vielleicht“ in ganz neuem Licht erscheinen.

Jeder Künstler hat dem gewählten Stück im Bewusstsein der Bedeutung mit einer gewissen Demut und Selbstlosigkeit seinen Stempel verpasst. Meist ist höfliche Zurückhaltung bei der Interpretation von Nils Koppruchs Liedern zu spüren. Die Mischung aus namhaften und talentierten Interpreten ergibt insgesamt ein vielschichtiges Album, das seine Homogenität vor allem durch die wiedererkennbaren Songtexte Koppruchs erhält.

Begegnungen, Beziehungen und Erinnerungen verbinden auf dem Doppelalbum „A Tribute to Nils Koppruch und Fink“ Musiker, Schauspieler und Schriftsteller mit dem gemeinsamen Schnittpunkt Nils Koppruch. So ist aus einer Ehrerbietung ein brauchbarer Wegweiser durch einen besonderen eigensinnigen musikalischen Kosmos geworden, dessen Erforschung durchaus lohnenswert ist. JANTO RÖSSNER