: Verkauft sich das Theater zu billig?
DISKUSSION UM TICKETPREISE
Ein nicht repräsentatives Meinungsbild aus dem Bekanntenkreis: 30 Euro für ein Theaterticket überschreiten die Schmerzgrenze. Es sind Lehrer, freiberufliche Dozenten, Verwaltungsangestellte, Künstler und Handwerker, die dann lieber nicht ins Theater gehen. 40 oder 60 Euro für ein Konzert zu zahlen, ist dagegen eine ganz andere Frage.
Wie viel darf ein Theater- oder Opernbesuch kosten? Seitdem Tim Renner, Berlins Staatssekretär für Kultur, in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sagte, viele Eintrittspreise in Berlin erschienen ihm überraschend günstig und eine neue Preisgestaltung stünde an, rumort es. Die kulturpolitischen Sprecher der Linken und der Grünen erhoben Einspruch – vor allem gegen Renners Argumentation, die wirtschaftliche Lage Berlins habe sich in den letzten zehn Jahren verbessert, die Ticketpreise stammten indes noch aus einer ärmeren Zeit. Berlin hat aber noch heute ein großes, kulturinteressiertes Prekariat auf der einen Seite und wachsende Armut unter Kindern und Jugendlichen auf der anderen.
Es stimmt: In Berlin können sich weiterhin zu viele die Teilhabe an der Kultur nicht leisten. Es stimmt aber auch: Berlin ist günstig. Schaut man beispielsweise auf die vier Theaterhäuser Volksbühne (6 bis 36 Euro), Gorki-Theater (5 bis 30 Euro), Deutsches Theater (5 bis 48 Euro) und Schaubühne (7 bis 47 Euro), so gibt es da preiswerte Karten und Ermäßigungen, wenn auch im begrenzten Kontingent. Dies zu erhalten oder noch zu verbessern ist wichtig. Das sollte aber nicht ausschließen zu überlegen, ob nicht auch einige Plätze teurer abgegeben werden könnten.
Shermin Langhoff, Leiterin am Gorki-Theater, fände es gut, eine Möglichkeit zu haben, „Ticketpreise an der Kaufkraft der Besucher zu orientieren“ und einkommensabhängig zu gestalten. Kinder, die in Armut leben müssen, könnten dann umsonst reinkommen, wenn wohlhabende Berliner und Touristen bereit sind, mehr zu zahlen. Zu eruieren, ob solch eine Form von bürgerschaftlichem Engagement für die Kultur in Berlin funktionieren würde, ist eine interessante Frage. Eine Kulturverwaltung allein kann das nicht von oben diktieren, aber sehr wohl zusammen mit den Geschäftsführern der Theater und Opern erforschen. KATRIN BETTINA MÜLLER