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Archiv-Artikel

soundtrack

Auf ihrer Website kann man sich schon mal einen Eindruck von dem poetisch-absurden Kammer-Rock von Johnny Liebling machen. Ja, das klingt jetzt nicht aufregend, aber wenn man in bester Simulcast-Tradition einfach mal so zwei, drei Tracks anklickt, dann wird es schön dick, und die grundlegende Klangfarbe „schmutzig-Gitarre/Orgel“ tritt im Halbrelief hervor. In Frankreich wurden die Hamburger mal schön in Arte präsentiert. Im Knust tun heute Abend die Kumpels von der Schanze „Dicke“ und „Das Ohlsen-Syndrom“ ihren Dienst als Vorgruppen. Warum allerdings diese sorgsam komponierte Bohème bei Universal als Alternativ bzw. Jazz verkauft wird, wäre eine Frage, zu der vielleicht „Knarf Rellöm“ was zu erzählen hätte.

Da steht das Meeting von Pianist Hauschka und Schlagzeuger Sven Kacirek schon eher im Geist des Jazz. Zumindest, soweit es um das Unterlaufen von Erwartungen geht. Hauschka modifiziert den Klang seines Flügels gerne mit Kronkorken oder Gaffa-Tape. Das hat zwar Cecil Taylor einst auch schon getan, aber Hauschka (der – zufällig – aus der Robert-Schumann-Stadt Düsseldorf kommt) fasziniert mit beinahe romantischen Minimal-Loops, die prächtig zum handgemachten Drum’n’Bass von Kacirek passen werden. Das klingt nach einer inspirierenden Begegnung im Haus 73.

Auf der Suche nach neuen Möglichkeiten war 1997 auch die Electro/Performance-Truppe 3-1 aus den Niederlanden. Als DJ/VJ-Kollektiv fanden sie zusammen und probieren seitdem aus, was so aus ihrer unterschiedlichen Hard-, Soft- und Wetware rauszuholen ist. Dabei stand aber nicht der Free Jazz Pate, sondern eher der Punk. Deswegen wird die Gefrickel-Nacht im Hafenklang-Exil (auch Bumm 2.0 und die Franzosen Grrzzz sind angesagt) auch nichts für Klangforscher, sondern für robuste Tanzwillige. Nicht auszudenken, wenn der Hafenklang tatsächlich aus seinem Exil vertrieben werden sollte (taz berichtete). Reclaim the Beats!

Auch alte Rezepte können immer wieder scharfe Mahlzeiten auf den Tisch zaubern. Ein Saxophon, ein Schlagzeug, eine Orgel. James Carter kommt mit seinem Organ Trio wieder zu Besuch in die Fabrik. Ob es ihm dabei um die Rückbesinnung auf gute alte Traditionen des Jazz geht, ist ungewiss. Vermutlich freut er sich einfach über den Platz auf der Bühne. Es gibt einfach keinen Saxophonisten, der schneller, lauter, höher – und mit mehr Herz spielen könnte. So gesehen auch eine Art Punk. TOBIAS RICHTSTEIG

Johnny Liebling: Do, 24. 5., 22 Uhr Knust Hauschka/Sven Kacirek: Do, 24. 5., 21 Uhr, Haus 73 Bumm 2.0/Grrzzz/3-1: Sa, 26. 5., 23 Uhr, Hafenklang-Exil James Carter Organ Trio: Di, 29. 5., 21 Uhr, Fabrik