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Archiv-Artikel

Ein teurer Fall von Ex und Hopp

Prozess um einen Flaschenwurf ohne Folgen beim Schanzenviertelfest endet mit einer Geldbuße von 600 Euro. Ein Polizist, der Ähnliches in seiner Freizeit tat, kam kostenlos davon. Bei ihm erhob die Staatsanwaltschaft keine Anklage

„Ich war schon ein wenig betütert“, sagt Max Müller*. Am 10. September 2006 war er nach dem St.-Pauli-Spiel über die Piazza beim Schanzenviertelfest getingelt, als ihm ein unbedachter Flaschenwurf zum Verhängnis wurde. Gestern stand er wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung vor Gericht. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft gegen einen Polizisten, der auf dem Fest in Zivil eine Flasche warf, keine Anklage erhoben.

Die Polizei hatte nach dem obligatorischen Schanzenfest-Geplänkel gerade das Schulterblatt geräumt und Sperrgitter aufgebaut. „An der Absperrung habe ich mich noch nett mit einem Polizisten unterhalten“, sagt Müller. Der habe ihn gewarnt, „gleich passiert was“, woraufhin er sich in Richtung Altonaer Straße begeben habe. Dabei habe er einfach seine leere Bierflasche über die Sperrgitter geworfen. „Ich hätte sie wohl lieber abstellen sollen, um sie zu entsorgen“, befindet Müller heute.

Denn nicht nur, dass der Polizist Marc R. den Flaschenwurf auf das Schulterblatt gesehen hatte und Müllers Festnahme veranlasste. Der Hundertschaftsführer Bernd W. fügte der Anzeige später hinzu, dass er von etwas an der Brust getroffen worden sei, was jedoch keine Verletzungen hervorgerufen habe.

Das wollte Marc R. aber nicht bestätigen. „Er hat nicht gezielt auf ein Objekt geworfen, so dass die Flasche neben dem Kollegen W. auf der Straße zerplatzte“, schilderte der Polizist. Er habe aber schon in Richtung Polizeikräfte geworfen. R. attestierte Müller sogar, friedfertig gewesen zu sein: „Er gehörte nicht zur Krawallklientel.“

Ein Hinweis, der selbst Amtsrichterin Hansen überzeugte, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 600 Euro einzustellen. Vor dem Prozess hatte sie die Anklage sogar noch auf Landfriedensbruch erweitern wollen.

Glimpflicher ist ein MEK-Spezialpolizist davongekommen, der bei einer privaten Zechtour auf demselben Fest eine Flasche auf einen Wasserwerfer geworfen hatte (taz berichtete). Da er dies nicht aus der Menschenmenge heraus getan habe, sei dies kein Landfriedensbruch, befand die Staatsanwaltschaft. Und da eine Flasche einen Wasserwerfer nicht beschädigen könne, sei der Vorfall nicht einmal als Sachbeschädigung zu bewerten.

Für Verteidiger Johannes Santen wäre für Max Müller ein Freispruch angemessen gewesen, da nichts passiert sei. Doch Müller wollte die Sache „endlich aus der Welt haben und wieder schlafen können“. KAI VON APPEN

*Name geändert