: Spiel mir das Lied vom Spartod
VON SUSANNE MEMARNIA
Es ist die alte Leier: Staatliche Einrichtungen werden zurückgefahren, sobald der Bedarf kurzfristig sinkt. Wenn es dann wieder brennt, ist niemand da, der löscht. So auch bei den Flüchtlingen: Als Anfang der 90er Jahre viele von ihnen nach Berlin kamen, gab es jede Menge Unterkünfte – und in jedem Bezirk eine Stelle, die die Menschen auf TBC testete. Dies war nötig, denn unter anderem viele Russlanddeutsche, die seinerzeit ebenfalls kamen, brachten die gefährliche Krankheit mit.
Auch heute könnte man die Expertise gut gebrauchen: TBC ist auf dem Vormarsch, immer mehr Flüchtlinge kommen nach Berlin und werden in (wieder neu geschaffenen) Massenunterkünften untergebracht – aber bei der einzig zuständigen Stelle für TBC-Tests in Lichtenberg gibt es ellenlange Wartezeiten.
Seltsame Quarantäne
Die gute Nachricht: Unter Asylbewerbern in Heimen gibt es bislang nur zwei TBC-Fälle in diesem Jahr. Horrorszenarien von Sammelunterkünften als Seuchenherden sind also überzogen. Umso verwunderlicher, dass Flüchtlingskinder in Spandau erst nach der Untersuchung in die Schule dürfen. Dabei hilft diese bildungspolitische Quarantäne im Moment nichts: Wenn die Kinder in einem Heim mit anderen ungetesteten Bewohnern leben, können sie theoretisch jederzeit die Krankheit in die Schule tragen.
Die Politik muss handeln: Wenn sich TBC keinesfalls in Massenunterkünften verbreiten darf, braucht man immer so viele Stellen, wie nötig sind, um die Menschen zu testen – bevor sie in Heime ziehen. Sonst kann man sich die ganze Vorsorge sparen.
Bericht SEITE 22