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Archiv-Artikel

Oppositionschef verzichtet auf Kandidatur

Entgegen vorherigen Ankündigungen will der malaysische Politiker Anwar Ibrahim sich doch nicht für den Vorsitz der Gerechtigkeitspartei bewerben. Das spielt der Regierung in die Hände. Die, so meinen Beobachter, will ihn ausbooten

KUALA LUMPUR taz ■ Enttäuschten Anhängern versicherte der 59-Jährige am Samstagabend, er werde sich weiterhin für die People’s Justice Party (PKR) engagieren. Er wolle die Position der Partei nicht gefährden, begründete Malaysias bekanntester Oppositioneller Anwar Ibrahim seine Entscheidung. Es hieß, dass die PKR aus dem Parteienregister gestrichen werden könnte, sollte er an seiner Bewerbung festhalten. Dabei hatte Anwar kurz zuvor seine Kandidatur gegenüber der taz bestätigt: „Am 26. Mai wird es eine Abstimmung geben.“ Wegen vermeintlicher Korruption verurteilt, darf Anwar bis April 2008 offiziell kein politisches Amt innehaben. An die Regierungsabteilung „Registrar of Societies“ hatte er kurz zuvor vergeblich appelliert, das Verbot aufzuheben.

PKR-Präsidentin bleibt demnach Anwars Frau, Wan Azizah. Diese hatte 1999 die Nationale Gerechtigkeitspartei gegründet, als ihr Mann zu jahrelanger Haft verurteilt worden war. Anwar Ibrahim war einst Finanzminister und Stellvertreter des autokratischen Expremiers Mahathir Mohamad. 1998 überwarf sich Anwar mit seinem Chef, wurde gefeuert und wegen angeblicher Homosexualität und Korruption verhaftet. Die Urteile gegen Anwar hatten Massenproteste nach sich gezogen. Etlichen Kritikern galten die Gerichtsentscheide als politisch motiviert. Aus der Haft war Anwar Ibrahim im September 2004 entlassen worden, nachdem die Richter die Anklage wegen Homosexualität aufgehoben hatten.

Beobachter mutmaßen, dass Malaysias Regierung den populären Anwar politisch ausbooten will. Offiziell sind für 2009 Wahlen angesetzt. Doch man munkelt, dass die Regierung unter dem Mahathir-Nachfolger, Premierminister Abdullah Badawi, noch in diesem Jahr, spätestens aber Anfang 2008, vorgezogene Neuwahlen abhalten könnte.

Im Vielvölkerstaat Malaysia leben außer der Mehrheit der ethnischen Malaien auch Chinesen und Inder. Seit der Unabhängigkeit vor 50 Jahren wird das Land von der United Malays National Organisation (UMNO) regiert. Diese ist die führende Kraft in der Koalition Nationale Front.

Viele, die unter Mahathir mitregiert hätten, säßen auch heute noch in Amt und Würden. An der Menschenrechtslage habe sich seit der Amtsübernahme Abdullah Badawis kaum etwas verändert, so Steven Gan, Chef der kritischen Online-Zeitung Malaysiakini zur taz: „Abdullah ist kein Mahathir, er hat nicht die Fähigkeit, seinen Griff auf das ganze Land auszudehnen, was eine gute Sache ist.“ Immer mehr Leute seien deshalb bereit, Dinge zu kritisieren. Doch die „Mainstream-Medien“, die mehrheitlich direkt oder indirekt der Politik unterstehen, „dürfen vielleicht die unbedeutenderen Regierungsvertreter angehen, aber nie die Leute an der Spitze“. Es wird zwar nicht erwartet, dass die bis dato zersplitterte Opposition die Macht der UMNO brechen kann. Doch Anwar Ibrahim gilt vielen Beobachtern offenbar als der Einzige, der die widerstreitenden Kräfte bündeln könnte. Zu diesen gehören auch die unter den chinesischstämmigen Malaysiern starke Democratic Action Party (DAP) sowie die Islamistische Partei Malaysias (PAS). NICOLA GLASS