Asphalt vor der Küste

Niedersachsen legt Trassenempfehlung für die Küstenautobahn A 22 vor: Vom Elbtunnel bei Drochtersen unter der Weser durch nach Ostfriesland

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die Trassenführung der geplanten Küstenautobahn A 22 im Nordwesten Niedersachsens steht so gut wie fest. Sie soll im so genannten Südkorridor zwischen Bremen und Bremerhaven die Weser kreuzen. Das teilte Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) gestern in Hannover mit. Es handele sich um eine „Vorzugsvariante“ als Empfehlung für das Raumordnungsverfahren, so Hirche, sei aber noch keine endgültige Festlegung.

Die A 22 soll von der Elbe nach Ostfriesland führen. Sie beginnt an einem Autobahndreieck südlich von Drochtersen. Dort soll sie mit der im Bau befindlichen A 26 von Hamburg nach Stade und der geplanten A 20 zusammentreffen, die von Lübeck nordwestlich um Hamburg herum die Elbe in einem Tunnel zwischen Glückstadt und Drochtersen unterqueren soll.

An Bremervörde vorbei führt sie zur A 27 zwischen Bremen und Cuxhaven und zum Wesertunnel nördlich von Brake, der vor drei Jahren für den Verkehr freigegeben wurde. In westlicher Richtung wird sie über ein Kreuz mit der A 29 Oldenburg – Wilhelmshaven bis nach Westerstede fortgeführt. Dort endet sie nach 120 Kilometern an der nach Holland führenden A 28.

Aus Sicht der Landesbehörde ist der Bau des östlich der Weser gelegenen Abschnitts der A 22 einer Trassenführung im „Nordkorridor“ nördlich von Bremerhaven über Bad Bederkesa und Lamstedt im Kreis Cuxhaven nach Drochtersen vorzuziehen. Die Südvariante habe sich als „raumverträglichste, umweltfreundlichste und verkehrswirtschaftlich günstigste Lösung“ erwiesen. Allerdings sei die Nordvariante noch nicht gänzlich vom Tisch.

Vordringlich sei aber, so Hirche, dass das gesetzlich vorgeschriebene Raumordnungsverfahren für die Küstenautobahn „noch im Sommer“ endlich beginnen könne. Erklärtes Ziel der schwarz-gelben Landesregierung sei es, sie „noch deutlich vor dem Jahr 2020 in Betrieb zu nehmen“. Die A 22 sei notwendig, um die Region wirtschaftlich weiterzuentwickeln.

„Damit sind wir der Realisierung dieses für den Nordwesten so enorm wichtigen Verkehrsprojekts einen entscheidenden Schritt näher gekommen“, sagte Hirche. Die Strecke soll Teil einer europäischen Magistrale werden, die Skandinavien mit den Benelux-Ländern verbindet. Zugleich soll sie den geplanten Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven besser an das Autobahnnetz anbinden. Dieses Argument jedoch wird von vielen Experten bezweifelt.

Nach mehreren Untersuchungen wird der Jade-Weser-Port in erster Linie ein so genannter Transhipment-Hafen sein, der die Ladung von Großcontainerfrachtern nach Dänemark und Großbritannien weiterverteilt. Zu den bremischen Häfen und Hamburg sei er eher eine Ergänzung. Selbst in den Anfang April veröffentlichten Unterlagen zur Planfeststellung für den Jade-Weser-Port werden keine umfangreichen Landtransporte nach Schleswig-Holstein oder Skandinavien vorhergesagt.

Die „Initiative Maritimer Standort Nordwest“ jubelte dennoch gestern über die Neuigkeiten aus dem Wirtschaftsministerium. Endlich werde das seit etwa 30 Jahren diskutierte und mindestens 1,1 Milliarden Euro teure Projekt konkret, lobte die Lobby der nordwestniedersächsischen Handelskammern und Hafenbetriebe.

Kritik kam hingegen von den oppositionellen Grünen im Landtag: Die Küstenautobahn sei nicht nur ökologisch unverträglich, sie sei überdies nicht finanzierbar und schade der regionalen Wirtschaft, sagte Verkehrsexperte Enno Hagenah. „Die einzig verträgliche Variante für die A 22 ist und bleibt die Null-Variante.“