: Kein Konfektionskino
Bestandsaufnahme internationalen Filmemachens: Ab Mittwoch sind beim 23. Internationalen Kurz Film Festival 400 Kurzfilme aus über 100 Ländern zu sehen. Schon ab Sonntag läuft das Kinder-Kurzfilm-Festival „Mo & Friese“
Das Internationale Kurz Film Festival in Hamburg wächst und wächst. Genau 3.832 eingesandte Kurzspielfilme, kurze Dokumentationen, Musikvideos, Animations- und Experimentalfilme aus 104 Ländern hat das Team des 23. Internationalen Kurz Film Festivals im letzten Jahr gesichtet. So viele wie noch nie zuvor. Die meisten jedoch werden den erwarteten 15.000 BesucherInnen vorenthalten bleiben. Nur jeder 17. Film wird ab Mittwoch in den verschiedenen Wettbewerbsprogrammen – Internationaler Wettbewerb, No-Budget, Deutscher Wettbewerb, Kurzfilmnacht der Hamburger Kulturstiftung, „Flotter Dreier“ und Kinder-Kurzfilm-Wettbewerb – die Chance bekommen, die Gunst von Jury und Publikum zu gewinnen. Rechnet man die knapp 200 Filme, die in den Sonderprogrammen zu sehen sind, dazu, dann flimmern in der nächsten Woche über 400 Kurzfilme über die Leinwände im 3001, Lichtmess, Zeise, Metropolis und B-Movie.
Neben den Wettbewerbsprogrammen laufen auch in diesem Jahr wieder eigens zusammengestellte Sonderprogramme. Für „Microtone – science + sounds“ wurden Komponisten und Klangforscher aus den Bereichen elektronische und Neue Musik gebeten, Prozesse aus historischen und aktuellen Wissenschaftsfilmen in Klang zu verwandeln. Das zweiteilige Sonderprogramm „Was machen eigentlich die Anderen?“ zeigt Stationen in der Wahrnehmung des Fremden. Zu sehen sind frühe Feldaufnahmen, ethnographische Klassiker und ungewöhnliche Formen der Annäherung an – für „uns“ – ungewöhnliche Formen des Lebens. Ebenfalls mit der Wahrnehmung des Fremden beschäftigt sich ein von Jack Stevenson zusammengestelltes Programm aus Propaganda- und Lehrfilmen aus den USA, das deutlich macht, dass die Andersheit der Anderen nicht immer als kulturelle Bereicherung empfunden wird. Ganz andere Einblicke lässt da sicher das Programm „Touring Lebanon“ zu, in dem Spielfilme, Videoblogs und -clips aus Libanon gezeigt werden.
Aus drei Blöcken besteht das Programm „Work in Progress“, das sich mit den Veränderungen der Arbeit auseinandersetzt. So fragt der Block „Berufsbilder“, wie sich für Arbeitsabläufe Bilder finden lassen und Beruf und Identität der Arbeitenden zusammenfinden. „mach doch was du willst“ versammelt elf Filme, die im Rahmen eines bundesweiten Filmideenwettbewerbs zum Thema „Arbeit in Zukunft“ ausgewählt wurden. Der Block „Arbeit:Ort:Hafen“ schließlich verbildlicht den Zusammenhang von Arbeit und Globalisierung. Ergänzend zu den dieses Jahr neu zu vergebenden Preisen für Tongestaltung präsentiert „Dem Ton auf der Spur“ außerdem Kurzfilme, in denen Musik und Geräusche nicht bloß Bilder begleiten, sondern „zusammenarbeiten“. Seinen 20. Geburtstag feiert schließlich der Publikumsliebling „Flotte Dreier“, folgerichtig gibt es ein „Best of“ von Kurzfilmen unter drei Minuten.
Schon am Sonntag beginnt zudem zum neunten Mal auch das KinderKurzFilmFestival „Mo & Friese“ für Menschen von vier bis 14 Jahren. Knapp 60 Kurzspielfilme, Animationsfilme, Dokumentationen und erstmals auch Experimentalfilme aus 24 Ländern sind hier zu sehen. Dabei lässt sich ebenso lachen wie über Probleme nachdenken und andere Kulturen entdecken. Zum Auftakt am Sonntag dreht sich dabei alles ums Wasser. In Frauke Finsterwalders „0,003 km“ etwa steht die zögernde Sandra auf dem Sprungbrett, unten wartet die Klasse. Soll sie springen oder nicht? Die Schwimmstunde wird zum Albtraum. Aber mutig zu sein, kann manchmal etwas ganz anderes bedeuten.
ROBERT MATTHIES
Festival vom Mi, 6. 6. bis Mo, 11. 6., Infos und Programm: festival.shortfilm.com