Millionen werden eingelocht

Das neue Männergefängnis in Großbeeren wird deutlich teurer: Statt 81 Millionen könnte der Bau nun bis zu 120 Millionen Euro kosten. Linkspartei und Grüne wundern sich über die Kostenexplosion

VON JENS GRÄBER

Berlin hat ein neues Millionengrab. Der in Großbeeren geplante Männerknast „Heidering“ wird deutlich mehr kosten als ursprünglich geplant. Dies bestätigte eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gestern der taz. Konkrete Angaben zur Höhe der zusätzlichen Kosten wollte sie zwar nicht machen. Meldungen, dass der Knast statt wie bisher 81 nun mit rund 120 Millionen Euro zu Buche schlagen könnte, dementierte sie jedoch nicht. Eine Sprecherin der Justizverwaltung sagte dagegen, eine Kostensteigerung um 50 Prozent gebe es „auf keinen Fall“ – detaillierte Angaben wollte auch sie nicht machen.

Laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist der Gefängnisneubau kurz hinter der südlichen Stadtgrenze aus verschiedenen Gründen teurer geworden: Auf dem Gelände befänden sich bisher unbekannte Altlasten – welche das seien, konnte die Sprecherin nicht sagen. Die Baukosten seien in den vergangenen Jahren stark angestiegen – die ursprüngliche Planung stamme noch aus dem Jahr 2001. Neue Vorschriften schrieben zudem erweiterte Arbeitsplätze für Gefangene vor, was einen erhöhten Platzbedarf – und damit erhöhte Kosten – bedeute.

Eine Sprecherin der Justizverwaltung nannte noch einen weiteren Grund: Gefängnisse seien in den vergangenen sechs Jahren weiterentwickelt worden und beinhalteten inzwischen mehr teure Technik, etwa Anlagen zur Videoüberwachung. Diese beobachteten den Außenbereich und gehörten heute in allen Berliner Gefängnissen zur Standardausrüstung, um Ausbruchsversuche zu verhindern.

Klaus Lederer, rechtspolitischer Sprecher der Linkspartei, hält trotz deutlich höherer Kosten an der Notwendigkeit des neuen Knastes fest. Nur so sei die Überbelegung der anderen Berliner Gefängnisse abzustellen, sagte er. Eine frühere Entlassung Gefangener, die bereits zwei Drittel ihrer Haftstrafe verbüßt haben, reiche nicht aus, um dieses Problem zu lösen. Dass die Kosten im Vergleich zu der Schätzung von 2001 nun höher ausfallen würden, sei zu erwarten gewesen. Von den zusätzlichen 40 Millionen Euro, die im Raum stehen, ist aber auch Linksparteichef Lederer überrascht. „Bei dieser Summe müsste damals schon etwas falsch gelaufen sein. Da bestünde Erklärungsbedarf“, sagte er.

Die Grünen waren schon bislang nicht von dem Projekt überzeugt, sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Dirk Behrendt. Der neue Knast sei schlicht unnötig. Die Überbelegung der Gefängnisse ließe sich sehr wohl auf andere Weise vermeiden, zum Beispiel durch vorzeitige Entlassung von Gefangenen. Berlin sei hier Schlusslicht, so Behrendt: Während bundesweit mehr als 20 Prozent der Knastinsassen früher freikämen, seien es in Berlin weniger als zehn Prozent (taz berichtete). Die Kostensteigerung an sich überrascht Behrendt weniger, eher der Zeitpunkt: „Dass die Kosten schon vor Baubeginn so stark steigen, ist erstaunlich – in Berlin ist es sonst eher üblich, dass sie erst während des Baus explodieren.“