Tod in JVA: Tragischer Einzelfall

Unklar ist derzeit noch, ob der 21-Jährige sich beabsichtigt oder versehentlich eine Überdosis gesetzt hat

Der 21-Jährige, der am Donnerstagmorgen tot in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt aufgefunden wurde, ist höchstwahrscheinlich kein Opfer des Systems, sondern ein „tragischer Einzelfall“. So lautete nicht nur die offizielle Einschätzung der Justizbehörde, sondern auch von Knast-Insidern, die namentlich nicht genannt werden wollen. Neben dem Mann sei eine Spritze gefunden worden sowie ein angerußter Löffel, teilte ein Behördensprecher mit. Eine Verletzung am linken Arm könnte darauf hindeuten, dass er sich etwas injiziert hatte, hieß es weiter. Ob es sich bei der Überdosis um einen Selbstmord oder einen Unfall handelt, wird derzeit noch ermittelt. Auch die Frage, woher er die Drogen bezogen hatte, kann noch nicht beantwortet werden. Der 21-Jährige ist nach Auskunft von Henning Maul-Backer vom Senator für Justiz und Verfassung als drogenabhängig bekannt gewesen, er sei aber nicht substituiert worden.

Der Anwalt, der den Mann vor Kurzem noch vertreten hatte, Alfred Israel, bat gestern darum, die Familie des Mannes in Ruhe zu lassen, sie habe genug Leid erfahren. Bereits am Donnerstag hatten Medien darüber berichtet, dass der Tote ein naher Verwandter der vor sechs Jahren ermordeten Adelina aus Kattenturm war. Über Selbstmord oder Unfall wolle er nicht spekulieren, sagte Israel, er habe vor einigen Wochen einen guten Eindruck von seinem Mandanten gehabt. Dieser war wegen schweren Raubes zu drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden, im April 2009 hätte er entlassen werden sollen.

Etwa ein Drittel der 680 Inhaftierten sind nach Einschätzung der Justizbehörde schwer drogenabhängig, etwa 100 werden substituiert. Die Vorsitzende des Landesverbandes für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, Cornelia Barth, kritisierte, dass Häftlinge keine sauberen Spritzen bekommen können. „Es ist bekannt, dass Drogen in der JVA im Umlauf sind“, so Barth. Auch außerhalb der Knastmauern würde freies Spritzbesteck nicht als Aufforderung zum Drogenmissbrauch gewertet, deshalb spreche nichts dagegen, dieses auch in der JVA einzuführen. Auch sie vermutet, dass es sich um einen Einzelfall handele. Dass Menschen sich beabsichtigt oder unbeabsichtigt eine Überdosis setzten, sei weder „draußen“ noch „drinnen“ zu vermeiden.

In der JVA in Oslebshausen gibt es eine Suchtberatung, ob der Mann diese in Anspruch genommen hat, sagte die Behörde gestern nicht. eib