Zusammenlegung der Justiz kommt später

Geteilte Meinungen über die von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) geplante Zusammenlegung der Amtsgerichte: Während die Opposition poltert, warten die betroffenen Juristen ab

DÜSSELDORF/DUISBURG taz ■ Josep Sosic, Sprecher der Stadt Duisburg, kommentiert die Pläne der NRW-Justizministerin, Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) ganz gelassen. „Unser Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) hat im Justizministerium nachgefragt und dort erfahren, dass sich für uns erst einmal gar nichts ändern wird“, sagt er. Dabei gehört Duisburg zu den Städten, die nach dem Vorhaben der Justizministerin bald nur noch ein Amtsgericht haben sollen. Müller-Piepenkötter plant in den Städten Duisburg, Essen, Herne, Mönchengladbach und Gelsenkirchen zukünftig mit nur noch einem Amtsgericht.

Die Duisburger schreckt das nicht. „Bis 2010 wird die Situation in Duisburg gleich bleiben“, sagt Sosic. Die nach Müller-Piepenkötter überzähligen Amtsgerichte sind nach Auskunft ihres Sprechers Ulrich Hermanski Überbleibsel aus der Gebietsreform in NRW in den 70er Jahren. Daher gebe es beispielsweise neben dem Essener Amtsgericht noch die Amtsgerichte Essen-Steele und Essen-Borbeck.

Auch diese Amtsgerichte werden wohl noch eine längere Zeit bestehen bleiben. Denn bevor die Gerichte in Steele und Borbeck schließen können, müsste in Essen ein Justizzentrum entstehen. Dem müsste in Zukunft die Justizvollzugsanstalt (JVA) weichen, die momentan noch neben dem Essener Amtsgericht beheimatet ist. Ähnlich auch in Duisburg: „Wenn die JVA in Düsseldorf-Ratingen fertig gestellt ist, könnte man auf die JVA in der Duisburger Innenstadt verzichten“, so Hermanski. Einsparungen könne das Justizministerium in seinem Ressort also erst dann erzielen, wenn die Flächen, die durch Aufgabe von Standorten entstünden, vom Land anderweitig bewirtschaftet würden. Zusätzlich gebe es nach einer Zusammenlegung noch weitere Sparpotenziale, „beispielsweise bei Bibliotheksystemen und Einlasskontrollen“, so Hermanski.

Die SPD im Düsseldorfer Landtag nennt Müller-Piepenkötters Sparkurs „bürgerfeindlich“. Frank Sichau, Sprecher der Landtags-SPD, forderte, es bei der bisherigen Anzahl der Landgerichte in NRW zu belassen. „Wir brauchen eine bürgernahe und deshalb dezentrale Gerichtstruktur“, so Sichau.

Beim Deutschen Richterbund (DRB) in Nordrhein-Westfalen, dessen Vorsitzende die Richterin Müller-Piepenkötter einmal war, herrscht Uneinigkeit über die Pläne des Ministeriums. Der Vorsitzende des NRW-DRB, Jens Gnisa, Richter am Oberlandesgericht Hamm, sagte zur taz, es müsse erst einmal abgewartet werden – die Pläne zur Zusammenlegung wird die Anzahl der Arbeitsplätze von Richtern und Staatsanwälten nicht verringern. Dagegen kritisiert Jochen Hartmann, Bezirksvorsitzender des DRB und Staatsanwalt in der Stadt Duisburg. Je größer Einrichtungen würden, desto mehr Probleme entstünden. „Das kennen wir auch von Kliniken und Schulen.“ Im Landgericht Düsseldorf sei „jetzt schon Land unter“. Auch Hartmann fordert den Erhalt der Bürgernähe, denn „Gerichte funktionieren nicht so, dass Sie oben die Daten eingeben und unten kommt ein Urteil raus“. ELMAR KOK