LESERINNENBRIEFE
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Mehr starke Gewerkschaften!

■ betr.: „Lokführer vor Rekordstreik“, taz vom 5. 11. 14

Es ist sicherlich bedauerlich, dass der erneute Bahnstreik nun gerade zum Mauerjubiläum stattfinden muss, doch die Wahl des Zeitpunktes wird immer unpassend sein, wenn eine Arbeitskampfmaßnahme auch etwas bewirken soll! Der Vorstand der Deutschen Bahn hat noch immer nichts gelernt und spielt seine Macht rigoros aus, indem er mit der GDL Scheintarifverhandlungen führt und sie zu Unterwerfungsklauseln zwingen will. So sollten Tarifpartner nicht miteinander umgehen. Auch wenn Politiker und Arbeitgebervertreter nun nicht müde werden, den Streik als Gift für die Wirtschaft und für den Standort Deutschland zu bezeichnen, so sollte uns doch allen klar sein, dass dieser Streik für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in unserem Lande auch notwendig ist! Die Arbeitgeber haben uns lange genug mit Billiglöhnen abgespeist, deshalb wünsche ich mir noch mehr starke Gewerkschaften wie die GDL!

THOMAS HENSCHKE, Berlin

Offen und (selbst)kritisch

■ betr.: „Der DDR-Versteher“, taz vom 3. 11. 14

Der Autor suggeriert in seinem Artikel, dass Lothar Peter ein unverbesserlicher DDR-Apologet sei, der seine eigene politische Vergangenheit unkritisch reflektiert. Wer Lothar Peter kennengelernt hat, weiß, dass eine solche ihm unterstellte Haltung zutiefst seinem eigenen Verständnis, wie mit sozialer Realität umzugehen ist, widerspricht. Lothar Peter hat uns Studierende stets dazu angehalten, auch seine eigene marxistische „Schule“ nicht widerspruchsfrei hinzunehmen, sondern immer auch die damals so titulierten „bürgerlichen“ Theorien zu rezipieren, ihnen vorurteilsfrei zu begegnen und auch diesen einen Erkenntnisgewinn zuzugestehen. Gerade diejenigen Studierenden, die ihm politisch nahestanden, hatten bei ihm einen besonders schweren Stand, wenn sie sich doch allzu platt einer marxistischen Phraseologie bedienten und in Bausch und Bogen alles Nichtmarxistische als „bürgerlich“ verdammten. Diese Offenheit gegenüber Denkansätzen, die nicht seinem eigenen politischen Verständnis entsprachen, hat Lothar Peter aber auch nie daran gehindert, zu tagesaktuellen Themen eindeutig Stellung zu beziehen und sich in politische Auseinandersetzungen einzumischen. Auch er selbst nahm sich von Kritik nicht aus. Wenn ich etwas von Lothar Peter gelernt habe, dann dies: soziale Realität möglichst umfassend zu betrachten, als etwas Widersprüchliches und Dynamisches zu verstehen und dabei alle Interpretationen dieser Realität offen und (selbst)kritisch, das heißt nie als abgeschlossen und als „letzte Wahrheiten“, anzusehen. ROLF GUST, Bremen

Kein Studium in der DDR

■ betr.: „Der DDR-Versteher“, taz vom 3. 11. 14

Lothar Peters Ansichten konnten nur aus westlicher Sicht funktionieren. Wenn er in ähnlicher Weise kritische Bemerkungen zum Sozialismus in der DDR gemacht hätte, wäre er unter Umständen nicht mal zum Studium zugelassen worden, geschweige denn, dass er an einer Hochschule eine Professur erhalten hätte. Publikationsmöglichkeiten wären auch unmöglich gewesen. Im Übrigen gab es die von ihm erwähnte Arbeiterklasse, die im marxschen Sinn revolutionär sein soll, gar nicht. Sie hätte doch sonst eine völlig andere Wende herbeigeführt. THOMAS GERHARDT, Leipzig

Speichellecken für Studienplatz

■ betr.: „Der DDR-Versteher“, taz vom 3. 11. 14

Dem DDR-Versteher nur eins: Er wäre jetzt vielleicht Bauarbeiter oder Kraftfahrer und kein verbeamteter Nostalgiker, wäre er in der DDR aufgewachsen. Repression fand nämlich nicht nur in Bautzen statt, sondern in allen Lebensbereichen. Studienplätze gab es gegen Speichellecken! INGOLF BENNECKENSTEIN, Freiburg