Symbolfigur des Aufbruchs

Mit seiner neuen Super-Führungskraft Felix Magath verbreitet der VfL Wolfsburg den Eindruck eines gewaltigen Neuanfangs. Dabei tritt der erst am Mittwoch seinen Dienst bei den Niedersachsen an

VON PETER UNFRIED

An diesem Wochenende ist Felix Magath aus der Karibik nach Deutschland zurückgekehrt. Am Mittwoch wird er in Wolfsburg der staunenden Weltpresse vorgestellt. Magath nimmt an diesem Tag seine Arbeit als neuer Trainer und Sportdirektor des Fußballbundesligisten VfL Wolfsburg zum ersten Mal sichtbar auf. Und bereits Mitte Juni 2009, sagte er dem Kicker, sollen dann so „stabile Strukturen“ geschaffen sein, dass er die „immense Doppelbelastung“ wieder aufgeben kann.

Manche feiern ja diese Bündelung von Trainer- und Manager-Aufgaben, als sei es die revolutionärste Innovation im Land, seit Robert Schwan in den 60ern den Manager-Posten erfand. Andere sehen einen Rückschritt gegenüber progressiven und funktionierenden Trainer/Sportdirektor-Arbeitsteilungen. Die freilich gab es in Wolfsburg nach Einschätzung der neuen Entscheider nicht.

Jedenfalls hat Volker Finke bereits 1991 vor seinem Amtsantritt beim SC Freiburg den Verantwortlichen das Ein-Personen-Trainer-Manager-Modell vorgestellt, dessen wesentliche Idee darin besteht, dass der, der die sportliche Verantwortung hat, auch den Etat bekommt. Das heißt nicht, dass der Etat egal ist. Es heißt aber, dass er nicht der Umsetzer eines Sportdirektors und dessen personeller und fußballphilosophischer Strategien ist, sondern sein eigener Herr und Philosoph. Magath kennt aus seiner Arbeitsvergangenheit beide Modelle. Die Lage in Wolfsburg hält er für „zu schwierig, als dass man Reibungsverluste hätte verkraften können.“

Das ist Diplomatencode und könnte vieles heißen: Dass er die Zeit für Abstimmungen und Diskussionen für andere Arbeit zu brauchen glaubt, dass er eh genau weiß, was und wen er will, dass er auf jeden Fall das letzte Wort haben will. Vielleicht heißt es auch, dass er seine Jobdefinition beim letzten Arbeitgeber FC Bayern München als gutwilliger Umsetzer von Klubdirektiven im Rückblick nicht für der Weisheit letzter Schluss hält.

Es ist jedenfalls bemerkenswert, wie schnell der mit VW-Vorstandsmitglied Hans Dieter Pötsch als neuem Aufsichtsratsvorsitzenden und dem VW-Kommunikationschef Stephan Grühsem als Stellvertreter grundsätzlich in der Führung runderneuerte Klub allein dank der Personalie Magath plötzlich den Eindruck von Aufbruch vermittelt. Sagen wir so: Wäre der VfL an der Börse, die Aktien wären mächtig gestiegen.

Tatsächlich ist die Verpflichtung des erfolgreichsten Bundesliga-Trainers der letzten Jahre symbolpolitisch und unter Marketinggesichtspunkten ein Coup. Magath holte 2005 und 2006 das Double mit dem FC Bayern und war trotz seiner Entlassung auch in dieser Saison, was den Punkteschnitt betrifft, zumindest erfolgreicher als sein etwas verklärter Nachfolger Hitzfeld. Dass so einer nach Wolfsburg kommt, wertet den Standort auf. Wie das ging? Ihn zu überzeugen, sagte Aufsichtsratsvize Grühsem, sei „gar nicht so schwierig gewesen“.

Wie immer wird im Fußballkosmos geraunt, Geld spiele in Wolfsburg keine Rolle, Magath kriege es nicht nur selbst reingestopft, sondern könne damit auch quasi nach Herzenslust losziehen und teure Spieler verpflichten. Das sei definitiv nicht so, heißt es beim Klub. Der Etat von 55 Millionen Euro solle in etwa gleich bleiben. Damit liegt der VfL im vorderen Mittelfeld der Liga. Die Lokalzeitungen werfen allerdings munter große Namen in die Diskussion. Von Bayerns Roy Makaay ist die Rede, bei Pizarro hat man für dieses Mal noch Chelsea den Vortritt gelassen. Aber der italienische Nationalstürmer Antonio Di Natale, der 11 Saisontore für Udinese Calcio schoss, hat freundlicherweise schon gesagt, die Chancen für den VfL seien „sehr groß“.

Die wirklich interessante Frage für die nächsten Monate: Was ist eigentlich noch mal der inhaltliche Kern, was die Idee des von Volkswagen finanzierten Projekts VfL Wolfsburg? Und wofür steht im Zusammenhang damit die Personalie Magath?