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Archiv-Artikel

Wasser für Kaffeebauern

Drei deutsche Universitäten wollen Gemeinden in Vietnam zu sauberem Trinkwasser verhelfen – und deutschen Umweltfirmen zu einem lukrativem neuen Markt

BERLIN taz ■ 9.000 Menschen leben im vietnamesischen Dorf Hoa Bac. Der tägliche Gang zum Brunnen oder zum Fluss soll für sie bald vorbei sein. Denn die auf den Kaffeeanbau spezialisierte Gemeinde ist eine von dreien in Vietnam, in denen von deutschen Universitäten betriebene Projekte seit sechs Monaten Wassermanagement unter tropischen Bedingungen testen und durchsetzen wollen. Im Zentralen Hochland will die Ruhr-Universität Bochum gemeinsam mit vietnamesischen Behörden und deutschen Firmen ein eigenes Wasserwerk und eine Abwasserbehandlung entwickeln, an die alle Haushalte angeschlossen werden sollen. Davon sollen auch deutsche Firmen profitieren.

Wasser aus dem Hahn kennen Menschen in entlegenen ländlichen Regionen Vietnams nur aus Filmen. Viele Familien im tropischen Hochland, einem Kaffeeanbaugebiet südlich der alten Demarkationslinie, haben einen eigenen Brunnen und schaffen das kostbare Nass von dort in Eimern ins Haus. Ist der Brunnen an Ende der Trockenzeit versiegt, müssen sie das Wasser aus Flüssen holen, oft einen Kilometer weit. Sauber ist es selten.

„In Hoa Bac sind es vor allem die Pestizide aus dem Kaffeeanbau, die uns Sorgen machen“, sagt Florian Klingel, der das Projekt vor Ort leitet. Der Umweltingenieur und sein Team prüfen derzeit, welche Gifte das genau sind, um dann die Entscheidung für unschädliche Anbaumethoden oder ein geeignetes Filtersystem treffen zu können.

Agent Orange und andere Gifte aus dem Vietnamkrieg wurden zwar in der Region nicht versprüht. Zunehmend spielen aber Schadstoffe eine Rolle, die der Wirtschaftsboom mit sich bringt: Industriefirmen leiten ihre Abwässer ungefiltert in die Flüsse, die intensiv betriebene Landwirtschaft spart nicht mit Dünge- und Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Bevölkerungswachstum und steigender Lebensstandard führen zudem zu steigendem Wasserverbrauch. In den Boomregionen rund um die großen Städte Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt haben viele Haushalte inzwischen eine Dusche und eine Waschmaschine und verbrauchen große Mengen an Wasser.

Und auch globale Fragen zollen die Regionen mit sehr niedrigem Grundwasserspiegel ihren Tribut: Der Meeresspiegel steigt an, die Flüsse führen weniger Süßwasser, und in küstennahen Regionen versalzt das Grundwasser besorgniserregend. Doch das Projekt der Deutschen will nicht nur Vietnamesen mit sauberem Trinkwasser versorgen, es will auch Firmen einen Zugang zu dem boomenden Markt ebnen. Deutsche Umweltfirmen haben in Asien einen guten Ruf, sagt Florian Klingel: „Allerdings dominieren in der Umwelttechnikbranche in Deutschland kleine und mittelständige Firmen, denen es schwer fällt, auf einem völlig anderen Markt Fuß zu fassen.“ So seien Haushaltswasserfilter etwa auf die in Europa vorkommenden geringen Schadstoffkonzentrationen entwickelt worden und müssten bei den völlig anderen Giften in Vietnam in weit höheren Konzentrationen erst getestet werden. Und Messgeräte für Schadstoffkonzentrationen seien zudem zu anfällig in Vietnam, wo Luftfeuchte und Temperaturen hoch sind und Anlagen oft nicht gewartet werden.

Hier soll das vom Bundesforschungsministerium finanziertes Projekt helfen, deutschen Firmen den Einstieg zu erleichtern. „Sie könnten ihre Technologien testen und sie an die vietnamesischen Verhältnisse anpassen“, sagt Florian Klingel. Das Projekt in Vietnam läuft noch bis 2009.

MARINA MAI