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Archiv-Artikel

Strom und Heizung nicht viel teurer

ENERGIEPREISE Verglichen mit der allgemeinen Lohnentwicklung der letzten Jahre hierzulande ist Energie teilweise sogar deutlich preiswerter geworden

Wichtiger als die Kosten der Energie-träger ist ohnehin der Zustand des Gebäudes

VON BERNWARD JANZING

Strom und Heizenergie werden ständig teurer – irgendwie stimmt das natürlich, aber irgendwie auch nicht. Zeit also für eine Analyse der Energiepreisentwicklung.

Besonders beim Strom wurde viel geklagt in den vergangenen Jahren. Und wer den Preis der Kilowattstunde anschaut, stellt fest, dass er fast kontinuierlich gestiegen ist: Für 200 Kilowattstunden inklusive Grundgebühr – das entspricht dem Monatsverbrauch einer sparsamen Familie – musste man 1991 nur gut 32 Euro (beziehungsweise den entsprechenden DM-Betrag) bezahlen. 2013 waren es 62 Euro. Das ist fast eine Verdopplung.

Doch der Vergleich trügt. Denn korrekterweise muss man sich parallel auch die Entwicklung der Löhne anschauen – die sind im gleichen Zeitraum gleichfalls deutlich gestiegen. Deshalb kann ein Vergleich der nominalen Preise die Entwicklung nur unzureichend beschreiben. Aussagekräftig werden historische Preisentwicklungen immer erst, wenn man sie zur Lohnentwicklung in Relation setzt. Ökonomen sprechen dann von der Kaufkraft je Lohnminute; man stellt also dar, wie lange ein durchschnittlicher Lohnempfänger arbeiten muss, um sich ein bestimmtes Gut leisten zu können.

Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) berechnet diese Werte seit Jahren. Danach musste der Durchschnittsarbeiter 2013 für die genannten 200 Kilowattstunden drei Stunden und 49 Minuten arbeiten. Im Jahr 1991 waren es nur drei Stunden und acht Minuten. Somit ist der Strompreis in den letzten zwei Jahrzehnten tatsächlich stärker gestiegen als das Lohnniveau. Im längerfristigen Vergleich ist Strom aber billiger geworden: Im Jahr 1960, so rechnet das IW vor, musste man für das genannte Monatskontingent an Strom noch neun Stunden und 44 Minuten arbeiten – mehr als doppelt so lange wie heute.

Und wie geht es 2015 weiter? Zum Jahresbeginn werden die Strompreise im Schnitt etwa konstant bleiben. Zwar sinkt die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien minimal, und die Großhandelspreise des Stroms sind sogar gefallen. Aber diesen Einsparungen stehen steigende Kosten des Netzes gegenüber – was in der Gesamtbilanz nur zu geringen Preisänderungen zum Jahreswechsel führen dürfte. Wenn nun die Löhne steigen der Strompreis aber stabil bleibt, wird Strom relativ gesehen billiger: 2015 wird man nicht mehr ganz so lange arbeiten müssen, um seine monatliche Stromrechnung zu bezahlen.

So weit zum Strom, was macht unterdessen die Heizung? Nutzt man Heizöl, schwanken die Energiekosten stark, denn der Ölpreis ist immer von der Weltpolitik abhängig. 1998 kostete das Barrel Rohöl (159 Liter) im Jahresmittel nur gut elf Euro, 2012 waren es 85 Euro. Entsprechend kostete der Liter Heizöl 1998 zeitweise kaum 20 Cent, 2012 im Schnitt dagegen 88 Cent. Nach einem Hoch in den Jahren 2008 und 2012 von zeitweise über 95 Cent liegt der Literpreis heute bei rund 75 Cent.

Damit muss der durchschnittliche Lohnempfänger aktuell rund viereinhalb Stunden arbeiten, um sich 100 Liter Heizöl leisten zu können. In Relation zum Lohn kostet Heizöl derzeit etwa genau so viel wie Anfang der achtziger Jahre. Aber zwischendrin gab es Ausschläge: Im Jahr 2008 und in den Jahren 2011/2012 waren jeweils rund fünfeinhalb Stunden Arbeit nötig, Ende der Neunziger reichten hingegen zwei Stunden.

Welcher Energieträger ist nun der billigste? Heizöl kostet derzeit etwa 7,5 Cent je Kilowattstunde, Erdgas kostet zwischen sechs und 6,5 Cent je Kilowattstunde, die Preise sind seit Jahren relativ konstant. Holzpellets liegen bei haushaltsüblicher Abnahmemenge zwischen fünf und sechs Cent je Kilowattstunde.

Wichtiger als die Kosten der Energieträger ist ohnehin der Zustand des Gebäudes. Im deutschen Wohnungsbestand liegt der durchschnittliche Heizwärmebedarf bei etwa 150 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr. Manche Häuser verbrauchen noch immer über 250 Kilowattstunden, während Neubauten oft mit einem Zehntel davon auskommen.