: Gröpelingen bunt und braun
RECHTSEXTREMISMUS Mit einem Sitz für die NPD konstituiert sich der Beirat Gröpelingen – und erneuert einen Beschluss gegen Rassismus
Unübersehbar wehen zahlreiche „Bunt-statt-braun“-Fähnchen auf den Tischen des Saals im Nachbarschaftshaus Ohlenhof. Wie in Blumenthal eine Woche zuvor, konstituiert sich der Beirat auch in Gröpelingen mit Beteiligung der NPD. Erneut begleitet von Prostest.
„Wir haben die Fahnen extra wieder produziert“, sagt SPD-Sprecherin Barbara Wulff. Entworfen worden seien sie 2006 wegen des Aufmarsches der NPD im Stadtteil. Den hatte Gabriele Yardim angemeldet. Nun sitzt sie für die NPD im Beirat. Die Partei erreichte in Gröpelingen 3,7 Prozent.
Von dem Unmut darüber zeugt nicht nur der Tischschmuck: Das Beirat erneuert einen Beschluss gegen Diskriminierung. Auch der war das erste Mal 2006 gefasst worden. Das Schild „Stadtteil mit Courage gegen Rassismus“, betont Raimund Gaebelein von der Linkspartei in seiner Rede, hänge in Sichtweite des Nachbarschaftshauses. Yardim verzieht nur leicht die Mundwinkel.
Anders bei einem Antrag der SPD: Ein Mustervertrag soll erarbeitet werden, der Gastwirte und Vermieter vor NPD und Rechtsextremen schützt, die unter falscher Flagge Räume mieten. Yardim hält dagegen: „Nach dem Grundgesetzes darf niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt werden“. Es änderte nichts am Beschluss der Mehrheit.
Kurz vor Ende der Sitzung enthüllt Raimund Gaebelein ein Gemälde, das Igor Gengeris dem Beirat zur Erinnerung an die Nazi-Verbrechen schenkte. Der Maler ist mit der Enkelin des jüdischen Kaufmanns Hermann Littmann verheiratet, dessen Familie 1938 von der SA aus Gröpelingen abtransportiert wurde. Nur die Tochter überlebte. Beiratsmitglied Gaebelein trägt das Gemälde direkt an Gabriele Yardim vorbei. Sie verzieht keine Miene und sagt nichts.
Dabei hätte Yardim lange Ansprachen halten können. Anders als in Blumenthal hatte der Gröpelinger Beirat die Redezeit nicht begrenzt. Auch Antifa-Fahnen waren in Blumenthal nicht erlaubt. „Wir werden uns politisch mit der Frau auseinandersetzen“, so SPD-Sprecherin Wulff. Auf NPD-Anträge soll jeweils nur „eine entschlossene Gegenrede“ gehalten werden.
Gabriele Yardim, so vermutet Wulff, werde mehr Engagement zeigen als ihre rechtsextremen VorgängerInnen – die früher im Beirat mit jeweils einer Person vertretenen Republikaner und DVUler seien kaum aufgetaucht, sagt Wulff. Dass in Gröpelingen die NPD von so vielen gewählt wurde, liegt für Wulff an mangelnder Bildung. „Wer aufgeklärt ist, wählt keine solche Partei.“ Raimund Gaebelein von den Linken sieht den Grund darin, dass viele aus dem Stadtteil sozial an den Rand gedrängt worden seien. „Manche machen leider ihre migrantischen Nachbarn für ihre Lage verantwortlich.“ JPB