: Stellenpool: Ver.di schlägt Wellen
Gewerkschaft verlangt Konzept vom Senat, was mit 4.700 Mitarbeitern geschehen soll, die nicht gebraucht werden
Vor drei Jahren wurde Martina Dahms (Name geändert) unsichtbar für ihre Kollegen. So ihr Gefühl. Die 46-jährige Juristin hatte zuvor zehn Jahre beim Bezirksamt Mitte gearbeitet und Menschen mit wenig Einkommen über ihre Rechte aufgeklärt. 2003 wurde die Rechtsberatung gestrichen. Die Stelle war weg, die Person noch da. Denn Martina Dahms ist als Angestellte im öffentlichen Dienst unbefristet, also bis zur Rente, angestellt.
Für sie und fast 8.000 andere Landesbedienstete schuf der Senat im Jahr 2004 extra eine neue Behörde – das Zentrale Personalüberhangmanagement. Die Angestellten in diesem „Stellenpool“ arbeiten weiter im öffentlichen Dienst– aber ohne feste Stelle. Die Mehrzahl von ihnen ist in sogenannten Übergangseinsätzen tätig – darunter rund 1.500 KitaerzieherInnen und LehrerInnen und rund 1.800 Verwaltungskräfte.
Dahms wurde für ein Jahr in die Abteilung Einbürgerung versetzt. „Man ist nicht integriert, man läuft so mit und wird gar nicht mehr wahrgenommen“, beschreibt sie ihre neue Position als „Überhangkraft.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di will den Status der zurzeit 4.700 Landesbediensteten im Stellenpool verbessern. Landeschefin Susanne Stumpenhusen verlangte gestern von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ein Konzept, was mit diesen Mitarbeitern geschehen soll. Ver.di fordert, zumindest die Abgeschobenen besser weiterzubilden. Dass das Land Personal abbauen muss, bestreitet auch Stumpenhusen nicht. Doch sollten die Springer-Einsätze der Beschäftigten in anderen Einrichtungen mindestens 12, höchstens aber 24 Monate dauern. Danach sollten sie wieder auf eine feste Stelle gesetzt werden. Das aber steht im Gegensatz zu den Absichten des Finanzsenators. Sarrazin betonte, dass Berlin noch rund 20.000 Landesbedienstete zu viel habe im Vergleich zu Hamburg oder Bremen. Allein dieses Plus koste die Stadt jährlich 800 Millionen Euro. „Deshalb führt am weiteren Personalabbau kein Weg vorbei.“ Den Stellenpool sieht der Senator dabei als nützliches Instrument. Er stellt klar: In ihrer Zahl würden die Mitarbeiter im Pool nicht mehr gebraucht.
Der Weg zurück auf feste Stellen ist deshalb für die meisten verbaut. Zwar sollen die Bezirksämter bei Ausschreibungen zuerst die Beschäftigten im Stellenpool berücksichtigen. Doch die sind oft gar nicht an den einstigen Kollegen interessiert. „Der Stellenpool hat ein schlechtes Image in der öffentlichen Verwaltung“, sagt sein Direktor, Peter Buschmann. Er diene offenbar nicht nur dem Stellenabbau, sondern auch dazu, missliebige Mitarbeiter loszuwerden.
Das Durchschnittsalter im Pool beträgt 50 Jahre, drei Viertel der Beschäftigten sind weiblich. Jeder Achte ist derzeit dauerkrank geschrieben oder beurlaubt. 12 Prozent der im Stellenpool-Beschäftigten sind behindert, eine doppelt so hohe Rate wie sonst im Landesdienst. Reiner Ritter, Vertreter der Schwerbehinderten, forderte deshalb einen Versetzungsstopp für Behinderte in den Pool.
Martina Dahms hofft, sich doch wieder aus dem Pool herausstemmen zu können. Seit einem Monat arbeitet sie in der Senatsverwaltung für Integration. Die Stelle habe sie sich erkämpft. Nun glaube sie daran, in absehbarer Zeit in die Belegschaft integriert zu werden auf einer festen Stelle. ANNA LEHMANN