: Gabriel hält Kohle für unverzichtbar
FOSSILE Der SPD-Wirtschaftsminister lehnt die Stilllegung von Kraftwerken ab – und geht damit auf Konfrontation zu Umweltministerin Hendricks. Umweltverbände sehen deutsches Klimaziel in Gefahr
BERLIN taz/dpa | Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will trotz des gefährdeten deutschen Klimaschutzziels Kohlekraftwerke nicht zwangsweise abschalten lassen. Die Frage, welche Kraftwerke am Netz bleiben und welche stillgelegt werden, „sollten die Unternehmen entscheiden und nicht der Staat“, betonte Gabriel am Dienstag in einem Positionspapier. „Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen.“ Wer das fordere, sorge für „explodierende Stromkosten, Versorgungsunsicherheit und die Abwanderung großer Teile der deutschen Industrie“. Es sei töricht, erneuerbare Energien und Kohlekraftwerke gegeneinander auszuspielen.
Damit stellt sich Gabriel gegen seine Parteifreundin Barbara Hendricks. Die Umweltministerin hatte zuletzt wiederholt erklärt, das deutsche Klimaziel sei nur zu erreichen, wenn mehrere große Kohlekraftwerke stillgelegt würden. Deutschland hat sich international verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß bis zum Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Durch die bisher geplanten Maßnahmen werden aber nur 33 bis 35 Prozent erreicht. Am 3. Dezember will das Kabinett entscheiden, auf welche Weise die fehlende CO2-Einsparung erreicht werden soll.
Wird das Ziel aufgegeben?
Nachdem sich bereits die Gewerkschaft BCE und der Chef der Bundesnetzagentur, die Gabriels Wirtschaftsministerium untersteht, für eine Verschiebung des deutschen Klimaziels ausgesprochen haben, gibt es die Befürchtung, dass auch der Minister selbst das Ziel aufgeben könnte. Gabriels Weigerung, Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen, gibt dem neue Nahrung. Offiziell hält das Wirtschaftsministerium weiter am 40-Prozent-Ziel fest. Wie das ohne die Stilllegung von Kraftwerken erreicht werden soll, ist aber offen.
Umweltverbände und Opposition kritisierten Gabriel heftig. „Die Klimaziele der Bundesregierung sind ihm offensichtlich schnuppe“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. WWF-Vorstand Eberhard Brandes erklärte: „Es geht nicht um einen Sofortausstieg aus der Kohle, sondern um einen geordneten Übergang.“ Es sei dabei wichtig, die besonders klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke zuerst abzuschalten. MKR
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