Heißer Dampf um gar nix

Die Logik des Politischen ist kaltherzig: Die Regierung macht nie, was die Opposition will. Beispiel: die Grünen

Mailpost von den Grünen. „Opposition macht der Koalition vor dem CSD Dampf.“ Wer weiterliest, erfährt: Die Grünen haben mit der FDP im Bundestag eine Debatte anberaumt, in der sie, die kleinste wie die größte Oppositionspartei, fordern, die Regierung möge die noch existierenden rechtlichen Ungleichheiten der Homoehe gegenüber der klassischen Ehe beseitigen. Gemüter, die nichts gegen Folgenloses haben, wird diese Nachricht freuen – ändern an der tatsächlich bestehenden Ungleichheit gleicher Lebenskonstruktionswünsche, Bejahung einer staatlich besiegelten Beziehung, wird das nix.

Denn politische Logik geht so: Eine Regierung macht niemals das, was die Opposition wünscht. Sie lässt sich weder vorführen noch ist sie je gewillt, übers Stöckchen der Nichtregierenden zu springen. Denn sie – und nur sie – hat die Macht, und auf Anregungen ist sie nicht angewiesen. Solche empfindet sie als Gekläff und Geschäum, da mag die Opposition noch so sehr hoffen, ihre schrillen Klänge erreichten irgendein Ohr der Mächtigen.

Das mag kaltherzig klingen, aber so ist es nun einmal. Mit den Worten eines sozialdemokratischen Abgeordneten beim Übergang von der rot-grünen zur Großen Koalition: „Wir mussten mit Merkel ziehen – denn Opposition ist scheiße. Keiner hört einem dann zu.“ Alles eine Frage der Balance. Anfang der Achtziger, als Helmut Kohl Kanzler wurde und die FDP so liebte, wie er die CSU verachtete, ging das Spiel ungefähr so: Wer wollte, dass es den Liberalen unter dem Pfälzer gut geht, suchte die christsozialen Polterer zu ermutigen, heftig gegen Genscher und die Seinen zu pöbeln. Sofort musste sich die Union Kohls mit dem Liberalen solidarisieren. Und um die CSU, andererseits, zu hegen, brauchte es hin und wieder einen antibayerischen Seufzer seitens irgendeiner Liberalen, gern hat Hildegard Hamm-Brücher einst diesen Part übernommen.

Im Falle der Grünen nun bei der Homoehendebatte wird es so sein: Die Regierung würde ja einerseits gerne wollen, aber, wie erwähnt, Wünsche der Opposition haben nicht einmal den Rang von Ignorierbarem. Anders gesagt: Wer will, dass etwas garantiert nicht wahr wird, hofft, dass die Opposition, öko- wie klassisch liberale, es inbrünstig fordert. Bedeutet: Weil die Grünen so pseudomachtvoll insistieren in Sachen Gleichstellung Homosexueller, wird alles beim Alten bleiben: ungleichberechtigt.

Im Falle dieser Debatte geht es bei dem „Dampf“ also allenfalls um lauwarme Dämpflein: Eine reine Showparlamentsregatta der Grünen, die sich ja gern mal als Zensurenverteiler („Hausaufgaben nicht gemacht“) aufspielen. Dass der Anlass die Christopher-Street-Parade in Berlin ist, versteht sich von allein: Für die Opposition ist immer Wahlkampf, nötigenfalls auch zu Terminen, für die sich die Regierungsparteien nun nur noch randständig interessieren. JAF