: SOUNDTRACK
Wenn die Lieder mindestens fünf, besser acht Minuten lang sein sollen, dann sind die Künstler gut beraten, entweder auf das altgediente Medley-Verfahren zurückzugreifen („Music was my first love“), durch das Lieder sich auf wundersame Weise wie Kaugummi über gewisse Längen strecken lassen. Oder sie verwenden jene Art des Bricolierens, für die der so genannte Postrock steht: das heißt, sie ignorieren das Pop-Format in Länge und Struktur und lassen alles sich wirklich ganz langsam entwickeln, bis es die Hörerinnen und Hörer schlicht zerreißt. In diesem Sinne sicher gut gewählt ist schon der Name von This will destroy you, die den Bogen in der von Bands wie Godspeed You! Black Emperor bekannten Weise stark spannen. Erst kommen verwaiste Geräusche, dann entstehen sphärische Soundteppiche, dann ist alles vernebelt und am Schluss ist das instrumentale Monster noch lange nicht am Ende, sondern versteigt sich in dem Moment, wo man denkt: „Was plätschert denn hier so schön dahin?“ in dissonanten Lärm. Am sitzend hören und an Wüstenwind denken. Do, 14. 7., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84
Um das mal als Erstes zu klären: DD/MM/YYYY werden Day, Month, Year ausgesprochen und klingen, als seien in einer kanadischen Indie-Disco verfeindete DJs mit all ihren abwegigen Geschmäckern aufeinandergestoßen, um sich gegenseitig (und vor allem gleichzeitig) ihre Platten vorzuspielen. Und so denkt man zwar angesichts dieses ins Orgiastische hineinreichenden Infernos aus nervösem Discopunk-Schlagzeug, Frickelgitarre und viel Synthie-Linie an die eine oder andere abseitige, avantgardistische und dann auch mal straighte Post-Hardcore-Band der letzten Jahre, möchte aber auch nicht so weit gehen, konkrete Einflüsse zu behaupten. Eigentlich klingt das Ganze nämlich dann doch vor allem nach: Schweiß, der von der Deck tropft. So, 17. 7., 21.30 Uhr, Astra Stube, Max-Brauer-Allee 200
Ein gewisses Gespür für Selbstvermarktung in dieser schweren Zeit ist dem Mann bereits seit seiner ersten Veröffentlichung 2007 nicht abzusprechen. Viele backen heute kleinste Brötchen, Amos deklariert sich in Anspielung auf den King of Pop kurzerhand als dessen Imperator und legte denn auch als Debüt eine Doppel-LP mit funkigem, zwischen den 70ern und den 80ern beheimateten Disco-Glamour vor – und dies auch noch dort, wo man so etwas vielleicht am wenigsten zu schätzen weiß, in der von Gitarren beherrschten Independent-Welt nämlich. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass Amos „gut singen“ und „gut tanzen“ kann und auch noch „gut aussieht“, er selbst hat in der Zwischenzeit Disco mit Stadionrock versöhnt und weiter in großer Geste an der Kunstfigur gearbeitet, die er ist und die auch gut ins Stadion passt. So, 17. 7., ab19.30 Uhr, MS Claudia, Ladnungsbrücken 10
Es gibt jene Sorte von Bands, die man als Letztes mit Sonnenstrahlen und Ähnlichem, sehr viel schneller mit niederschmetternden Temperaturen und Stimmungen in Verbindung bringt und also eher im Winter bereit ist zu begrüßen. Vielleicht spricht es dann umso mehr für den subversiven Charme der beklemmendsten der beklemmenden Bands, dass sie gerade jetzt – und auch quasi ohne Grund, also ohne neue Platte – vorbeikommt. Neurosis waren die, die Punk und Hardcore eine völlig andere, nämlich musikalische, Ebene von Apokalypse beigebracht und Metal mit Tiefgang bekannt gemacht haben. So, 17. 7., 19 Uhr, Gruenspan, Große Freiheit 58 NILS SCHUHMACHER