Die Luxus-Reformer

Die Lehrer haben das Schulsystem nicht mehr ertragen: Ihre neue Schule ist interreligiös, dreisprachig – und teuer

Vor dem Unterricht machen alle Tai Chi, weil die meisten über eine Stunde Schulweg hinter sich haben. „Von dem Stress müssen die Kinder erstmal runter kommen“, sagt Schulgründerin Sabine Woggon-Schulz. Danach setzen sie sich in Klassen mit höchstens zehn Schülern pro Lehrkraft, hinter eigene Laptops. Sie lernen von der Grundschule an zweisprachig, auf Deutsch und auf Englisch, dazu eine Fremdsprache: Das ist bislang Spanisch. Später kommen noch mehr dazu: Wahlweise Chinesisch, Hebräisch, Französisch oder Türkisch können die Schüler lernen, natürlich von Muttersprachlern.

Die internationale Friedensschule in Köln beginnt im Sommer mit den ersten vier Grundschulklassen und dem Montessori-Kindergarten. Weitergeführt werden die Schüler entweder in einer internationalen Gesamtschule oder einem bilingualem Gymnasium. Erreichen können sie das Abitur und den international anerkannten Abschluss „International Baccalaureate“.

Auf dem Schulcampus in der Kölner Südstadt will Woggon-Schulz von Anfang an alles anders machen, was Sabine Woggon-Schulz am staatlichen Schulsystem gestört hat. „Ich fand den Schulunterricht als Kind langweilig“, sagt die 37-Jährige. Deshalb wurde sie Lehrerin für Deutsch, Religion und Philosophie. An verschiedenen Gesamtschulen in NRW versuchte sie, spannenderen Unterricht zu machen. „Allein das festgefahrene Curriculum verhindert das“, sagt sie. Seit der Testeritis der Nach-Pisa-Ära würde an den meisten Schulen nur noch auf die Prüfung hingelernt. Und sie fand schon wieder alles unkreativ und langweilig. Zusammen mit 29 anderen Lehrern plante sie drei Jahre lang eine Privatschule, die alles richtig macht, was an den Staatsschulen falsch läuft. „Wir sind allesamt genervte Aussteiger“, sagt die Lehrerin und neue Schul-Geschäftsführerin. „Jetzt können wir auch selber wieder lernen.“ Die internationale Schule wird sich deshalb nicht „sklavisch an 45-Minuten-Takte“ halten, häufig in Projekten arbeiten. Die Stundenpläne sind so geplant, dass sich Naturwissenschaften und Sprachen mit Musik und Bewegung abwechseln.Der Religionsunterricht ist interreligiös: christlich, jüdisch, muslimisch, hinduistisch und buddhistisch.

Auch die Schüler, für die die Eltern 12.000 Euro jährlich hinblättern, sind zu großem Teil international. „Wir wollen aber nicht nur die Kinder von Firmen-Eltern“, sagt Woggon-Schulz. 15 Prozent der Schüler sollen sozial schwächer sein. Alle stehen auf einem Campus in der Kölner Südstadt. Für sie wird der Elternbeitrag gesenkt oder erlassen, indem er von den anderen Eltern im Förderverein gezahlt wird. „Wir suchen auch Sponsoren für Stipendien“, sagt Woggon-Schulz. „Wir wollen eine Elite für alle sein.“ MIRIAM BUNJES