: berliner szenen Schäuble Reisen
Strandbar Mitte
„Grüß Sie Gott“, sagt der junge Herr im beigen Anzug in ein Mikrofon. „Wir sind Schäuble Reisen, der One-Way-Spezialist.“ Der junge Herr steht in der Strandbar Mitte und spricht zu den Leuten, die es sich in den Liegestühlen im Sand bequem gemacht haben. Croissants werden gereicht und Latte Macchiato. „Bei uns werden Sie um vier Uhr früh von zu Hause abgeholt, und das leidige Packen fällt auch weg“, fährt er enthusiastisch fort. „Sie reisen nie alleine“, ruft er, „unsere Leute halten sie den ganzen Flug lang fest, und am Zielflughafen werden Sie von unseren uniformierten Freunden in Empfang genommen.“
An den Säulen der Strandbar hängen hellblaue Werbeplakate, die „4 Reisen zu Mörderpreisen“ anbieten. Ein Ausflugsdampfer fährt vorbei. Die Touristen winken. Der junge Herr in Beige grüßt zurück. „Unsere Logistikpartner“, schließt er, „sind die deutschen Innenminister.“ Ein paar Zuhörer schauen irritiert. Dann stellt er seinen persönlichen Favoriten vor: „Irak. Ein Abenteuerurlaub. Auf dem Programm stehen Kriegsgräuel, Überlebenskampf und ‚Friendly Fire‘.“ Danach preist er noch eine Reise in die Demokratische Republik Kongo an, inklusive Bürgerkrieg, nur mit Vorauskasse möglich. Außerdem eine Fahrt nach Afghanistan, „ein Überlebensaufenthalt, wahlweise mit Zwangsheirat, Vergewaltigung oder Kindesentführung.“
Hinter Schäuble Reisen steckt Pro Asyl, die mit dieser Aktion auf die Lage der Flüchtlinge in Deutschland aufmerksam machen wollen. „Flüchtlinge schützen – nicht abschieben“ heißt ihre Forderung. Später höre ich ein altes Pärchen, das zufällig an der Bar vorbeischlendert und die Plakate betrachtet: „Bei denen buchen wir nichts“, sagt sie.
MAREIKE BARMEYER