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Archiv-Artikel

Zu zweit gegen die Partei der Macht

Die beiden wichtigsten kasachischen Oppositionsparteien wollen bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im August gemeinsam antreten. Sollte die Wahl fair ablaufen, haben sie erstmals eine reale Chance, in die Volksvertretung einzuziehen

AUS ALMATY MARCUS BENSMANN

Die zwei einflussreichsten Oppositionsparteien Kasachstans „Wahre Ak Schol“ und die „Allnationale Sozialdemokratische Partei“ treten am 18. August bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in dem zentralasiatischen Staat gemeinsam an. Auf einer Versammlung beider Parteien in der kasachischen Wirtschaftsmetropole Almaty erklärten die Parteiführer von der „Wahren Ak Schol“ vor 500 Delegierten den kollektiven Übertritt in die sozialdemokratische Partei, um so den Tücken einer Neuregistrierung vor dem Urnengang aus dem Wege zu gehen.

„Die Partei der Macht ‚Nur Otan‘ ist unser Gegner“ feuerte Bulat Abilow, einer der charismatischeren Politiker der Opposition, die Parteigänger an. Zuvor hatte der Chef der Sozialdemokraten und vormalige oppositionelle Präsidentschaftskandidat Scharmachan Tujakbai mit einem Wahlboykott gedroht, sollte die Behörden wie bei den Wahlen zuvor staatliche Gelder unfair einsetzen und der Opposition den Zugang zu den elektronischen Medien verweigern.

Im Dezember 2005 hatte sich bei den Präsidentenwahlen Nursultan Nasarbajew mit über 90 Prozent der Stimmen wieder wählen lassen. OSZE-Wahlbeobachter hatten den Urnengang und das Ergebnis kritisiert.

Vor allem diese Kritik ist ein Hauptargument gegen den im Jahre 2009 von Kasachstan beanspruchten OSZE-Vorsitz. Bisher hat noch kein Wahlgang seit der Unabhängigkeit 1991 auch nur annähernd den Standards einer demokratischen Wahl genügt. Die Parlamentswahlen in diesem Sommer eröffnen daher die Chance, das verheerende Urteil von vor zwei Jahren etwas zu korrigieren und der Oppositionspartei die Möglichkeit, ins Parlament einzuziehen. Neuwahlen waren nötig geworden, nachdem eine vom jetzigen Parlament abgesegnete Verfassungsänderung dem Präsidenten erlaubte unbegrenzt für das Amt zu kandidieren und festlegte, die untere Kammer der Volksvertretung auf der Basis von Parteilisten zu wählen. Bisher besteht die Volksvertretung aus Parteigängern der präsidialen „Nur Otan“-Partei, nachdem die Partei der Präsidententochter Dariga Nasarbajewa mit Namen „Asar“ von der väterlichen Partei geschluckt wurde.

Es steht außer Zweifel, dass die Partei der Macht mit überwältigender Mehrheit ins neue Parlament einziehen wird. Spannend bleibt die Frage mit welcher Höhe eine der Oppositionsparteien die sieben Prozenthürde überspringen wird. Auftrieb könnte die Opposition durch die Affäre um den gestürzten Präsidentenschwiegersohn Rachat Alijew erhalten. Mit Interesse verfolgt die Öffentlichkeit in Kasachstan, ob der Schwiegersohn Nasarbajews von Wien nach Kasachstan ausgeliefert wird. Dem Exbotschafter Kasachstans in Österreich werfen die Behörden in Kasachstan vor, enge Geschäftspartner entführt zu haben. Vor allem den Oppositionspolitikern waren Alijew und dessen ruppige Geschäftsmethoden ein Dorn im Auge.