unterm strich:
Das im neuseeländischen Christchurch tagende Unesco-Welterbe-Komitee hat Dresden am Montag vorerst auf der Liste der gefährdeten Stätten belassen. Deutschland wurde zudem eine Frist bis zum 1. Oktober gesetzt, in der eine Alternative zum geplanten Brückenbau im Dresdner Elbtal vorgelegt werden muss. Andernfalls droht die Aberkennung des Welterbe-Titels für die rund 20 Kilometer lange Flusslandschaft.
Dresdens amtierender Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos) sieht in dem Beschluss der Unesco zum umstrittenen Brückenbau im Welterbe Dresdner Elbtal eine Chance zur Neubewertung der Situation. Es sollte gemeinsam mit Stadtrat und Freistaat überlegt werden, ob man diese nutzen wolle oder nicht, sagte Vogel gestern dem MDR. Er sehe im Stadtrat inzwischen eine deutliche Mehrheit für den Bau einer alternativen Brücke.
Der Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestages, Hans-Joachim Otto (FDP), hat derweil Sachsen aufgefordert, sich „jetzt verschärft“ um einen Kompromiss im Streit mit der Unesco zu bemühen. „Sollte die Landesregierung bei dieser Konstellation weiterhin blockieren, muss die Bundesregierung tätig werden“, sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Diese Geisterfahrt der sächsischen Landesregierung muss beendet werden“, sagte Otto. Sachsen sei das einzige Bundesland, das sich mit Ratifizierung der Welterbe-Konvention durch Deutschland dieser nicht verpflichtet fühle, sagte Otto. 15 Länder sähen eine Verpflichtung, nur Sachsen sage, es gebe keine. Vielleicht sei daher sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) daran zu erinnern, dass der Freistaat Teil der Bundesrepublik sei und sich nicht gegen den Rest der Welt stellen könne.
Sachsens oberster Geisterfahrer Georg Milbradt nennt die Entscheidung des Unesco-Welterbe-Komitees zum Dresdner Elbtal eine „Enttäuschung“. Er forderte das Komitee auf, sein Ultimatum aufzuheben. „Die demokratische Willensbildung, ein in den Statuten der Organisation besonders hoch gewichtetes Kriterium, wurde komplett außer Acht gelassen“, sagte er laut Mitteilung der Sächsischen Staatskanzlei vom Montag.
Der Deutsche Kulturrat begrüßte den Zeitaufschub im Streit um die Dresdner Waldschlösschenbrücke und übte in diesem Zusammenhang gleichzeitig Kritik am Deutschen Bundestag. Der Streit hätte vermieden werden können, wenn der Bundestag rechtzeitig ein Ausführungs- und Begleitgesetz zum Unesco-Übereinkommen zum Schutz des Kulturerbes beschlossen hätte, meinte der Spitzenverband der Bundeskulturverbände am Montag in Berlin.
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